Wiedervereinigung nicht einziger Grund für Angleichung der Lebenserwartung

Rostock – Die Wiedervereinigung war nicht der einzige Grund für den deutlichen Anstieg der Lebenserwartung in Ostdeutschland. Die Aufholjagd begann bereits schon zehn Jahre vorher – noch zu DDR-Zeiten. Das teilte heute das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock mit. Bereits vor der Wende sei das Sterberisiko in der DDR gesunken. Die Wiedervereinigung habe aber den Trend zum längeren Leben beschleunigt.
Die Einheit gilt unter Experten als Auslöser für die außergewöhnlich schnelle Aufholjagd bei der Lebenserwartung der Ostdeutschen. Während etwa Frauen in der DDR direkt vor der Wende im Durchschnitt noch drei Jahre kürzer lebten als in der damaligen Bundesrepublik, haben sie inzwischen in beiden Landesteilen längst dieselbe Lebensspanne. Als Grund dafür wird die Einführung des westdeutschen Gesundheitssystems im Osten gesehen. Weil die Ostdeutschen von besserer medizinischer Versorgung profitierten und ihren Wohlstand steigerten, verlängerte sich ihr Leben.
„Die deutsche Wiedervereinigung hat nicht per se den Aufholprozess der Lebenserwartung eingeleitet, sondern eher Trends verstärkt und beschleunigt, die schon in der DDR da waren“, erklärte nun der Rostocker Max-Planck-Forscher Pavel Grigoriev.
So sei die häufigste Todesursache, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bereits zwischen 1980 und 1990 um 16 Prozent zurückgegangen. In den Jahren zuvor war der Wert fast konstant geblieben. Nach dem Fall der Mauer nahm die Verringerung des Herz-Kreislauf-Sterberisikos den Forschern zufolge noch an Tempo zu. Die Sterblichkeit fiel um fast 40 weitere Prozent während der ersten zehn Jahre im wiedervereinigten Deutschland.
Als plausibelsten Grund für die sinkende Sterblichkeit in der DDR sehen die Experten vor allem in einem gesünderen Lebensstil, dem sich die DDR-Bürger seit den 1980er-Jahren zuwandten. Das betrifft unter anderem die Ernährung, Bewegung, Rauchen und Alkohol. Die Studie enthält allerdings keine Daten, die dies direkt belegen könnten. Den noch schnelleren Rückgang der Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Krankheiten seit der Wende führen die Forscher aber auf den Einfluss der neuen westlichen Medizinversorgung zurück.
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