Vermischtes

Wohnort entscheidet noch immer über Umsetzung von Kinderrechten

  • Donnerstag, 11. Dezember 2025
/drubig-photo, stock.adobe.com
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Berlin – In Deutschland entscheidet noch immer vielfach der Wohnort über die Umsetzung von Kinderrechten – von gleichwertigen Lebensverhältnissen könne hingegen „keine Rede sein“. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Kinderrechte-Index, den das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) heute vorstellte.

Der Index zeige, dass die Chancen junger Menschen „nicht nur aufgrund ihres Elternhauses, sondern auch regional sehr unterschiedlich verteilt sind“. Bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gebe es insgesamt „großen Nachholbedarf“.

Das Kinderhilfswerk hatte den Index erstmals 2019 vorgestellt. Es stellte diesmal sechs Kinderrechte in den Mittelpunkt seiner Untersuchung: die Rechte auf Beteiligung, Schutz, Gesundheit, einen angemessenen Lebensstandard, Bildung und schließlich auf Ruhe, Freizeit, Spiel und Erholung sowie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.

Im Gesamtergebnis schneiden Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen überdurchschnittlich ab – dort werden die Kinderrechte also vergleichsweise am besten umgesetzt. Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen liegen im Durchschnitt.

Unterdurchschnittlich umgesetzt werden die Kinderrechte folglich in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen-Anhalt.

Schon bei der Pilotstudie 2019 hatte das Kinderhilfswerk einen „föderalen Flickenteppich“ bei den Kinderrechten beklagt – und auch diesmal wählten die Beteiligten trotz Fortschritten in mehreren Bereichen in den vergangenen Jahren diese Worte. „Kein Bundesland kann sich zurücklehnen“, heißt es in der Studie. Alle Länder müssten die Kinder- und Jugendpolitik noch stärker priorisieren und mehr investieren.

Konkret schaute sich das Kinderhilfswerk etwa an, wie kindgerecht die Justiz arbeitet, wie die Länder beim präventiven Kinderschutz und im Umgang mit Kinderschutzfällen aufgestellt sind, ob die ärztliche Versorgung ausreicht oder welche frühkindlichen Bildungsangebote es gibt. Weiterhin entscheidend sind etwa das Betreuungsangebot, die Unterstützung für ärmere Familien und ob es in den Wohnorten zum Beispiel Jugendzentren gibt.

Der Kinderrechte-Index 2025 zeige dabei auch „ganz deutlich, dass die Umsetzung der Kinderrechte an vielen Stellen keine alleinige Frage der Kassenlage, sondern vielmehr des politischen Willens ist“, erklärte Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerks und Leiterin des Wissenschaftlichen Beirats zu der Studie. Zwar habe es Fortschritte gegeben etwa bei den Beteiligungsrechten von Kindern und in der Armutsbekämpfung.

Insgesamt setze aber kein Bundesland die Kinderrechte umfassend um, „hier ist noch viel Luft nach oben“.

Der SPD-Kinderbeauftragte Truels Reichardt beklagte, dass noch immer zu viele Maßnahmen „an befristeten Projektmitteln statt an langfristig abgesicherten Strukturen“ hingen. Dabei sei die Umsetzung von Kinderrechten Verpflichtung. „Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass sie in allen Lebensbereichen konsequent erfolgt.“

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte, es passiere noch immer „zu wenig“. Kinder bräuchten endlich mehr Rechte und faire Chancen. „Dazu gehört auch, die Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern“, forderte sie und appellierte an die Union, hier ihre Blockade aufzulösen. Dass Deutschland als eines der wirtschaftsstärksten Länder der Welt es bis heute nicht schaffe, Kinder vor Armut zu schützen, sei „beschämend“. Nötig seien umfassende Investitionen.

Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek forderte den Bund ebenfalls zum Handeln auf. „Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen, frühkindliche Bildung sowie Kinder- und Jugendarbeit mit finanzieller Unterstützung stärken und Kommunen für eine gute öffentliche Infrastruktur entlasten“, sagte sie.

afp

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