Vermischtes

Alleinerziehende am stärksten von Armut betroffen

  • Dienstag, 25. Juni 2024
/Tobias, stock.adobe.com
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Berlin – Armut trifft nach wie vor besonders alleinerziehende Familien. Unter den rund 1,7 Millionen Alleiner­ziehenden mit minderjährigen Kindern waren 2023 rund 41 Prozent einkommensarm. Das berichtet die Bertels­mann Stiftung.

Zum Vergleich: Bei den Paar-Familien galten zwischen acht Prozent (bei einem Kind) und 30 Prozent (bei drei oder mehr minderjährigen Kindern) als armutsgefährdet.

Bei den Ein-Eltern-Familien handelt es sich zu gut 82 Prozent um eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Nach­wuchs, in knapp 18 Prozent um einen alleinerziehenden Vater. An ihrer seit Jahren bekannten häufig prekären Situation habe sich trotz punktueller Erleichterungen kaum etwas verbessert.

Von relativer Einkommensarmut – oder Armutsgefährdung – sind Personen betroffen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte verfügen. Unter allen 8,5 Millionen Familien deutschland­weit mit Kindern unter 18 Jahren machten alleinerziehende Familien etwa 20 Prozent aus.

Der leichte Anstieg seit 2019 auf aktuell rund 1,7 Millionen Ein-Eltern-Familien mit minderjährigem Nachwuchs sei auch auf Geflüchtete aus der Ukraine zurückzuführen. Es gebe regionale Unterschiede bei dem Alleiner­zie­hendenanteil.

Relative Armut bei vielen Alleinerziehenden sei nicht auf mangelnde Erwerbstätigkeit zurückführen, bilanziert die Untersuchung. „71 Prozent der alleinerziehenden Mütter und 87 Prozent der alleinerziehenden Väter gehen einer Arbeit nach.“

Zur finanziell schwierigen Situation tragen demnach oft ausfallende Unterhaltszahlungen bei – nur etwa die Hälfe der Alleinerziehenden erhalte für die Kinder regelmäßigen und vollständigen Unterhalt. Reformen wie beim Unterhaltsvorschuss oder dem Kinderzuschlag hätten die belastende Situation für viele Alleinerziehende noch nicht entscheidend verbessert.

Laut Bertelsmann-Studie könnte die Kindergrundsicherung die Lage mancher Alleinerziehenden zwar weiter verbessern. Aber: Die Höhe – also die Existenzsicherung – müsse neu bestimmt werden, was der aktuelle Ent­wurf nicht einlöse. Die aktuellen Leistungen seien unzureichend.

Verbände sprachen von einem „Skandal“, forderten mehr Unterstützung und wiesen vor allem auf die leidtra­genden Kinder hin. „Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung die Armut von Familien und deren Kindern nicht endlich beendet“, kritisierte die Diakonie.

Das Kinderhilfswerk betonte: „Kinderarmut darf keine Frage der Familienform sein.“ Um den Armutskreislauf zu durchbrechen, brauche es neben materieller Absicherung auch eine entsprechende Infrastruktur für Alleinerzie­hende, „armutsfeste“ Löhne, bezahlbaren Wohnraum und flexible Kinder-Betreuungsmöglichkeiten.

Der Sozialverband Deutschland sieht „alarmierende Ergebnisse“ und verlangte unter anderem die „ungerechte Lohnlücke zwischen Männern und Frauen“ zu schließen. Laut DGB steht die Politik in der Verantwortung, bes­sere Rahmenbedingungen zu schaffen.

Der Sozialverband VdK forderte eine „gute Kindergrundsicherung in ausreichender Höhe“. Auch der Verband alleinerziehender Mütter und Väter sieht hier „noch viel Luft nach oben.“ Laut Bertelsmann Stiftung ist die Reform „nur“ ein erster Einstieg.

dpa

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