Womöglich besserer Schutz vor Neuinfektionen, wenn die COVID-19-Impfung mit Nebenwirkungen assoziiert war

San Francisco – Das Auftreten von systemischen Nebenwirkungen nach einer Impfung gegen COVID-19 mit mRNA-Vakzine geht mit einer stärkeren Bildung von SARS-CoV-2-neutralisierenden Antikörpern (nAB) im Follow-up einher. Daher könnten kurzfristige Nebenwirkungen wahrscheinlich als ein positives Anzeichen für einen langfristig besseren Schutz vor Neuinfektionen gewertet werden (Annals of Internal Medicine, 2024; DOI: 10.7326/M23-2956).
Zuvor wurde bereits in anderen Studien beschrieben, dass das Auftreten von Nebenwirkungen auf eine COVID-19-Impfung mit einer höheren Bildung von Anti-SARS-CoV-2-Immunglobulinen assoziiert war. Bei den meisten Antikörpermessungen wurden die Eigenschaften der Antikörper jedoch nicht differenziert betrachtet. Spezielle Analysen zu den nABs wurden bisher nur selten berücksichtigt und wenn doch, waren die Ergebnisse mitunter widersprüchlich.
Um ein besseres Verständnis zu der Bildung von nABs zu gewinnen, wenn zuvor kurzfristige Nebenwirkungen nach der 2. Impfdosis mit mRNA-Vakzine auftraten, haben amerikanische Wissenschaftler eine prospektive Kohortenstudie angesetzt. Darin wurden 363 Erwachsene (65,6 % weiblich, Durchschnittsalter: 52,4 Jahre) aus der Region San Francisco, die noch nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft waren oder einer Infektion mit SARS-CoV-2 ausgesetzt waren, im Jahr 2021 mit 2 Impfdosen entweder mit BNT162b2 oder mRNA-1273 geimpft.
Analysiert wurden die Serum-nAB-Titer nach einem und 6 Monate nach der 2. Impfdosis. Außerdem wurden an 6 aufeinander folgen Tagen nach jeder Dosis das Vorhandensein oder Fehlen von 13 potenziellen Nebenwirkungen erfragt. Ein Teil der Impfkohorte (n=147, 66,0 % weiblich, Durchschnittsalter: 58,8 Jahre) wurde zusätzlich biometrischen Messungen unterzogen. Hierzu zählten die Veränderungen hinsichtlich der Hauttemperatur, der Herzfrequenz, der Herzfrequenzvariabilität und der Atemfrequenz infolge einer COVID-19-Impfung.
Unter den 13 abgefragten Nebenwirkungen ergaben 4 statistisch signifikante Prädiktoren für die Bildung von nABs, berichten die Studienautoren. Wenn kurzfristige Nebenwirkungen, wie Schüttelfrost, Müdigkeit (Fatigue), Unwohlsein und Kopfschmerzen nach der 2. Dosis auftraten, entwickelten diese Personen 1,4- bis 1,6-fach höhere nAB-Titer nach einem und 6 Monaten nach der Impfung, als jene ohne diese 4. Durchschnittlich wiesen Befragte, die insgesamt 7 Symptome meldeten, etwa doppelt so hohe nAB-Titer auf, als Teilnehmer ohne Symptome.
Die Anzahl der Symptome und Aspekte aus den biometrischen Messungen (v.a. impfbedingte Veränderungen der Hauttemperatur und der Herzfrequenz) waren über beide Nachbeobachtungszeitpunkte hinweg positiv mit der Bildung von nAB assoziiert. So war ein Anstieg der Hauttemperatur um 1 °C nach der 2. Dosis einen Monat später mit einer 1,8-fach höheren nAB und 6 Monate später mit einer 3,1-fach höheren nAB-Titern assoziiert.
Diese Arbeit liefert ergänzende Hinweise darauf, dass ein größerer Impfschutz langfristig aufgebaut werden kann, wenn eine COVID-19-Impfung kurzfristige Nebenwirkungen hervorruft. Die Autoren schlussfolgern daraus, dass ihre Ergebnisse zum Beispiel für die Beratung von Patienten relevant sein könnten, bei denen Bedenken gegenüber Impfstoffnebenwirkungen dominieren.
Sollten sie ein relevantes Hindernis darstellen, sich überhaupt impfen zu lassen oder die 2. Impfdosis in Anspruch zu nehmen, könnten die aktuellen Erkenntnisse ermutigend sein. Ihre Ergebnisse könnten jedoch nicht auf Personen mit vorheriger SARS-CoV-2-Impfung oder -Infektion verallgemeinert werden, geben die Studienautoren zu bedenken.
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