Würzburger Studie: Regelmäßige, nicht-invasive Testung in Kitas ist machbar

Würzburg – Eine regelmäßige, vorzugsweise nicht-invasive Testung auf SARS-CoV-2 wird in Kitas sowohl von Kindern und Eltern als auch vom Betreuungspersonal gut angenommen. Um Sekundärinfektionen zu vermeiden, reicht es dabei offenbar aus, mindestens die Hälfte der Kinder sowie des Personals zweimal pro Woche zu testen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine in JAMA veröffentlichte deutsche Studie (2022; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.42057).
In der Würzburger KiTa-CoV-Studie wurden die Umsetzbarkeit und langfristige Akzeptanz verschiedener Testkonzepte in neun Kinder-Betreuungseinrichtungen der mittelfränkischen Stadt verglichen. Die Untersuchung fand zwischen Oktober 2020 und März 2021 während der zweiten Coronawelle statt, fast 600 Kleinkinder und deren Eltern sowie Betreuerinnen nahmen teil.
Die untersuchten Konzepte waren zum einen regelmäßige PCR-Tests bei allen Betreuerinnen und Kindern mittels Nasenabstrich (aus der Nasenmuschel) durch ein Studienteam ein- oder zweimal pro Woche vor Ort. In einem weiteren Modul kamen PCR-Tests von Mundspülwasserproben zum Einsatz, die von den Eltern zweimal pro Woche selbständig entnommen wurden.
Als Kontrolle diente der Verzicht auf regelmäßige Testungen. Beim Auftreten von Erkältungszeichen wurde den Betroffenen aber eine rasche Testung per Nasopharynxabstrich in einer Untersuchungsstelle außerhalb der Kita angeboten.
Antigen-Schnelltest kann eine Alternative sein
Um Zweitinfektionen in den Kita-Gruppen zu vermeiden, ist es entscheidend, eine bestehende COVID-19-Infektion so schnell wie möglich zu detektieren.
„Bei einer am Montag entnommenen Probe muss sichergestellt sein, dass ein positiv getestetes Kind oder eine Betreuerin am Dienstag nicht mehr in die Kita geht. Das Ergebnis muss also am selben Tag oder spätestens am frühen Morgen des Folgetages vorliegen“, betonte Studienleiter Oliver Kurzai, der an der Universität Würzburg das Institut für Hygiene und Mikrobiologie leitet.
Wenn das logistisch nicht möglich sei, könne ein Antigenschnelltest trotz seiner niedrigen Sensitivität definitiv die bessere Wahl sein, ergänzte er.
In der Studie habe die Surveillance mit PCR in der Tat gut funktioniert, bestätigt der Würzburger Forscher auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts. „Allerdings kann dieses Konzept kaum auf alle Kitas im Land übertragen werden – das sprengt die Laborkapazitäten und ist allein auch schon durch die Transportwege ins Labor bei ländlichen Kitas aus meiner Sicht kaum möglich.“
Welche Rolle spielt Omikron?
In einer kürzlich publizierten Studie zeigte sich, dass Antigenschnelltests im Vergleich zu PCR-Tests eine Infektion mit der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 oft erst mit einer mehrtägigen Verspätung erkennen.
Das in der Studie verwendete mathematische Modell berücksichtigte nur die Infektiosität der in der zweiten Coronawelle in Deutschland verbreiteten Virusvarianten. „Wenn es [mit Omikron] zu relevanten Verschiebungen kommt, die dazu führen dass die Antigen-Schnelltests schlechter eine Infektion anzeigen, müsste (und könnte) man das im Modell berücksichtigen“, so Kurzai.
Allerdings habe sich die Notwendigkeit eines raschen Testergebnisses im Modell als relativ robust erwiesen, hebt er hervor. Das bedeute, dass auch „ziemlich schlechte, aber schnelle Tests relativ gut abschneiden, während auch ein perfekter Test nichts bringt, wenn das Ergebnis erst an Tag drei vorliegt“. Von daher bestehe aktuell „eine gewisse Unsicherheit, jedoch keine ausreichende Evidenz um von Antigenschnelltests in der Surveillance grundsätzlich abzuraten“.
Fragebögen zum Erleben der Pandemie
Zusätzlich konnten die Studienteilnehmer über den gesamten Studienzeitraum hinweg in Fragebögen Auskunft darüber geben, wie sie die Pandemie und die regelmäßigen Testungen erlebten. Vor und nach der Studie wurde bei den Teilnehmern ein SARS-CoV-2-Antikörpertest durchgeführt, um festzustellen, ob Infektionen unentdeckt geblieben waren.
Die Studienautoren berichten, dass die Bereitschaft zur Teilnahme an einer regelmäßigen Testung sowohl bei den Kindern und deren Eltern als auch bei den Mitarbeitenden der Kitas hoch gewesen sei. Am beliebtesten war sowohl bei den Kindern als auch bei den Betreuerinnen die am wenigsten invasive und belastende Testmethode: die Entnahme von Mundspülwasser im häuslichen Umfeld.
Die Zahl an nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektionen war mit nur zwei Infektionen bei knapp 5.000 Tests über zwölf Wochen sehr gering.
Tests bei der Hälfte der Kinder würden reichen
Mittels eines mathematischen Modells, das sowohl Studiendaten als auch Daten aus der Literatur einbezog, zeigte sich außerdem, dass nicht alle Kita-Kinder regelmäßig getestet werden müssen. Um die Gefahr einer Infektionsübertragung in der Betreuungseinrichtung gering zu halten, genügt es demnach, regelmäßige Tests bei mindestens der Hälfte von ihnen zu erreichen.
Die 50-prozentige Teilnahmequote sei ein Mindestwert, mehr sei selbstverständlich besser, so die Wissenschaftler. Dabei sollte der erste Test am Wochenbeginn erfolgen, und die Testergebnisse müssen innerhalb von 24 Stunden vorliegen. Dies zeigt eine bioinformatische Modellierung der Virusausbreitung basierend auf den Studiendaten.
Die Auswertung der Fragebögen ergab, dass das regelmäßige Testen einen positiven Einfluss auf das Sicherheitsempfinden der Eltern und Betreuerinnen hatte. Es milderte zudem die empfundene psychische Belastung durch die COVID-19-Pandemie.
Nach der Einschätzung der beteiligten Wissenschaftler zeigen diese Ergebnisse einen praxisnahen Weg auf, wie mit einer optimalen Teststrategie eine sichere Kinderbetreuung aufrechterhalten werden kann.
Kitaschließungen sind „allerletzte Maßnahme“
„Das zweimal wöchentliche Testen der Hälfte der Kita-Kinder in einer Betreuungseinrichtung scheint ein realistisches und praktikables Konzept zu sein, um ein durchgängiges Offenhalten von Kinderbetreuungseinrichtungen zu ermöglichen“, sagte Johannes Liese, ebenfalls Studienleiter und Oberarzt an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Würzburg.
Ein nicht-invasives Testkonzept wie die Abgabe von Mundspülwasser ließe sich sicher auch auf eine größere Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungen übertragen, so der Pädiater. „Kitaschließungen halten wir für die allerletzte Maßnahme, die man treffen sollte.“
Auf Basis der Studiendaten hat das Studienteam einen konkreten Handlungsleitfaden für Kitas entwickelt.
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