Medizin

Y. pestis als Erreger der historischen Pest überführt

  • Dienstag, 30. August 2011

Hamiltion/Ontario/ Tübingen – Ein internationales Forscherteam hat auf einem historischen Pestfriedhof in London, wie sie schreiben, zweifelsfreie Belege dafür gefunden, dass Yersinia pestis tatsächlich der Erreger des Schwarzen Todes war. Für die außergewöhnliche Virulenz des Erregers liefert ihr Bericht in den Proceedings of the National Academy of Sciences (2011, doi: 10.1073/pnas.1105107108) vorerst aber keine Erklärung.

Dass das gramnegative Stäbchenbakterium, das Alexandre Émile Jean Yersin 1894 entdeckt hat und das heute nach ihm benannt ist, wirklich der Erreger der historischen Pest ist, wurde in den letzten Jahren in Zweifel gezogen. Y. pestis ist sicherlich nicht ungefährlich und eine Infektion kann auch in der Antibioka-Ära tödlich verlaufen. Nicht umsonst stuft die US-Regierung Y. pestis als biologischen Kampfstoff der Kategorie A ein.

Dass das Bakterium jedoch in weiten Teilen Europas in nur fünf Jahren (1348 bis 1353) ein Drittel der Bevölkerung weggerafft hat, trauen viele Experten dem Bakterium schlichtweg nicht zu. Einige Wissenschaftler spekulierten, dass ein Filovirus vom Kaliber Ebola oder Marburg-Virus oder ein unbekannter Erreger für den Schwarzen Tod verantwortlich gewesen sein müsse – auch wenn die historischen Berichte von Lungen- und Beulenpest durchaus mit dem heutigen Krankheitsbild von Y. pestis-Infektionen übereinstimmen.

Grafik: Roger Zenner
Grafik: Roger Zenner

Ein Beweis musste her. Der Tübinger Archäologe Johannes Krause und der kanadische Genetiker Hendrik Poinar von der McMaster Universität in Hamilton/Ontario fanden ihn in den Zähnen von Pesttoten gefunden, die vermutlich 1349 in einem Massengrab im Osten Londons verscharrt wurden.

Sie wurden in den 1980er Jahren ausgegraben und befinden sich heute im Museum of London. Die Präparate enthielten auch Genbruchstücke von Y. pestis. Die Forscher konnten zwar nicht das gesamte 6,5 Mio. Basenpaare lange Genom zusammensetzen, es gelang ihnen aber ein für Y. pestis kennzeichnendes Plasmid (ein außerhalb des Chromosom abgelegter Teil des Erbguts) zu rekonstruieren: pPCP1 ist zwar nur etwa 10.000 Basenpaare lang. Es enthält aber die Erbinformation für die Protease „pla“, die Plasminogen aktiviert, was bei Infizierten die Entwicklung einer Lungenpest beschleunigt.

Die DNA in pPCP1 weist alterstypische Beschädigungen auf, so dass die Forscher eine Kontamination im Labor ausschließen. Es wurde bewusst ein Labor ausgewählt, das zuvor nicht mit Pesterregern gearbeitet hatte. Was die besondere Virulenz des historischen Pesterregers ausmacht, konnten die Forscher bisher nicht herausfinden. Das Plasmid pPCP1 unterschied sich kaum von dem des heutigen Erregers. Poinar erklärte, sein Ziel sei es jetzt das gesamte Genom des Erregers zu rekonstruieren.

rme

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