Ärzteschaft

Ärzte fordern Freilassung der Präsidentin des Türkischen Ärzteverbandes

  • Donnerstag, 27. Oktober 2022
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Onur Dogman
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Onur Dogman

Berlin – Die Inhaftierung der Präsidentin des Türkischen Ärzteverbandes (TTB), Sebnem Korur Fincanci, hat zu Protesten in der deutschen Ärzteschaft und dem Ruf nach sofortiger Freilassung geführt. Fincanci war gestern festgenommen worden, nachdem sie die Untersuchung eines möglichen Einsatzes von chemischen Waffen der türkischen Armee gegen die kurdische Bevölkerung im Irak gefordert hatte.

Fincanci war bereits 2018 zu einer Haftstrafe verurteilt worden, nachdem sie den gemeinsamen Aufruf der „Akademiker für den Frieden“ mitunterzeichnet hatte. Die Initiative wendet sich gegen das militärische Vor­gehen der türkischen Regierung im Südosten der Türkei.

Seit 2020 ist Fincanci Präsidentin der türkischen Ärzteverbands. Die international renommierte Rechts­medi­zinerin setzt sich seit Jahrzehnten für die Menschenrechte ein. 2018 erhielt sie den Hessischen Friedenspreis.

Die Bundesärztekammer (BÄK) forderte den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan heute auf, Fincanci „unverzüglich freizulas­sen“. Die Verhaftung von Fincanci stelle einen Angriff auf das Recht zur freien Mei­nungs­äußerung und auf die ärztliche Selbstverwaltung dar, schrieb BÄK-Präsident Klaus Reinhardt in einem Brief an Erdogan.

„Ärztinnen und Ärzte sind dem Wohlergehen der gesamten Gesellschaft verpflichtet. Diese Haltung ist der Kern des ärztlichen Selbstverständnisses“, erklärte Reinhardt. Wie kaum eine andere stehe Fincancı dafür, dass ärztliches Handeln untrennbar mit dem Eintreten für Menschenrechte verbunden sei. Mögliche Men­schen­rechts­verletzungen zu thematisieren, sei „die Pflicht jeder Ärztin und jedes Arztes“.

Auch die Ärztekammer Berlin verurteilte das Vorgehen der türkischen Behörden. „Aus unserer Sicht muss die Meinungsfreiheit gewahrt bleiben. Die Festnahme verstößt gegen grundlegende Menschenrechte. Wir for­dern die sofortige Freilassung unserer ärztlichen Kollegin“, erklärte Peter Bobbert, Präsident der Ärzte­kam­mer Berlin.

Mit Empörung reagierte die Landesärztekammer Hessen. „Fincanci zählt zu den herausragenden ärztlichen Persönlichkeiten, die sich gegen Repressionen und Folter in ihren Heimatländern wehren, sich für andere Menschen einsetzen und unbeirrt Gerechtigkeit als Ziel verfolgen“, sagte Edgar Pinkowski. „Wir fordern ihre umgehende Freilassung!“

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW und der Berufsverband Verein demokratischer Ärzt*innen haben Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aufgerufen, sich für die sofortige Freilassung von Fincanci ein­zusetzen.

Man sei „sehr besorgt über die erneute Verhaftung der Vorsitzenden der Türkischen Ärztekammer (TTB) und der türkischen Menschenrechtsstiftung“, so die Organisationen. Sie kritisieren die fortgesetzte Verfolgung von ärztlichen Organisationen und Menschenrechtlern in der Türkei.

In Istanbul ist die Polzei gestern während einer Demonstration für die Freilassung von Fincanci gegen die Demonstranten vorgegangen. Die Bereitschaftspolizei ergriff intensive Sicherheitsmaßnahmen in der Um­gebung.

may/kna/EB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung