Politik

Krankenhausreform: Länder fordern gemeinsam grundlegende Änderungen

  • Dienstag, 30. April 2024
/Raivo, stock.adobe.com
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Berlin – Die Bundesländer sehen weiterhin keine gemeinsame Basis mit dem Bund zur Krankenhausreform. Besonders die Fragen zur Zustimmungspflicht des Gesetzes, zu den Fristen der Umsetzung sowie der neuen Vergütungssystematik erneuern die 16 Ressortchefinnen und -chefs ihre Fundamentalkritik.

Das geht aus der gemeinsamen Stellungnahme aller Bundesländer zum Krankenhausversorgungsverbesse­rungs­gesetz (KHVVG) hervor, die heute von Schleswig-Holstein, dem amtierenden Vorsitzland der Gesund­heitsministerkonferenz (GMK), veröffentlicht wurde.

Das Papier wurde ihm Rahmen der offiziellen Phase der Stellungnahme zum KHVVG veröffentlicht und am Montagabend unter den Landesministerinnen und -ministern auf einer GMK-Videokonferenz besprochen.

„Es besteht Einigkeit unter allen Ländern, dass das Bundesgesundheitsministerium rasch umfassende Ände­rungen am Gesetzentwurf vornehmen muss. Die Einstimmigkeit verdeutlicht eindrucksvoll, dass parteipoliti­sche Erwägungen hier für die Länder irrrelevant sind; es geht um die Sache“, erklärte die diesjährige GMK-Vorsitzende Kerstin von der Decken (CDU), Gesundheits- und Justizministerin von Schleswig-Holstein, in einem Statement.

In der Ausarbeitung fordern die Länder das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erneut auf, umfangreiche Änderungen vorzunehmen. Wie schon in einem ersten Forderungspapier, das die Länder zum Gespräch mit dem Bundesgesundheitsministerium am 17. April vorlegten, verlangen die Ministerinnen und Minister vor allem eine Auswirkungsanalyse des Gesetzes.

„Das vom Bund in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe am 17. April 2024 vorgestellte Instrument stellt keinen adäquaten Ersatz für eine valide, aussagekräftige und wissenschaftlich fundierte und vom BMG zugesagte Auswirkungsanalyse dar“, schreiben die Länder in ihrer Stellungnahme. Sie verlangen zügige Nachbesse­rungen.

Wie schon in dem Papier vom 17. April fordern die Länder eine praxistaugliche Vergütungssystematik. Denn die bislang vorgelegten Analysemöglichkeiten hätten noch zu viele „unsichere Faktoren“. Es bleibe daher fraglich, „ob die geplante Vergütungssystematik tatsächlich zu einer Verbesserung der finanziellen Lage der Krankenhäuser führen wird“, so die Länder.

Die Finanzierung der kleineren Krankenhäuser auf dem Land werde im Referentenentwurf des KHVVG „nur unzureichend berücksichtigt“, heißt es weiter. Auch böte die Neuregelung der Vorhaltevergütung viele öko­nomische Fehlanreize, die die Länder als Gefährdung der Versorgung einstufen.

Außerdem wollen die Länder bei den geplanten sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen mitbe­stimmen dürfen, welche Leistungen dort erbracht werden sollen. Dies sei Teil der „Planungshoheit“ der Länder und müsse mit berücksichtig werden.

Gleichzeitig können sich die Länder noch deutlich weitreichendere Regelungen für die neuen sektorübergrei­fen­den Einrichtungen vorstellen. Da gehe der vorliegende Entwurf „kaum über das hinaus, was bislang schon möglich ist“, schreiben die Länder. Ob so eine auskömmliche Finanzierung für die Einrichtungen möglich sei, sei auch unklar und müsse geregelt werden.

Zur Finanzierung der Reform ist bislang ein gemeinsamer Transformationsfonds von Bund und Ländern vor­gesehen, bislang wurde von 50 Milliarden Euro gesprochen, je hälftig von Bund und Ländern getragen. Der Bund will seinen Anteil von 25 Milliarden Euro in den Jahren 2026 bis 2035 aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen bestreiten.

Nach Vorstellungen der Länder soll dieser Fonds nun etwas kleiner ausfallen: So wollen die Länder insgesamt 15 Milliarden dem Gesundheitsfonds entnehmen, der Bund soll sich in einem Umfang von etwa 20 Milliarden beteiligen.

Die Länderhaushalte würden in diesem Modell nur dann belastet, wenn im jeweiligen Land Vorhaben geplant sind. So könnten die Länder sich vorstellen, als Ko-Finanzierung etwa 30 Prozent der jeweilig beantragten Kosten zu tragen. Ein pauschales Einzahlen in den Fonds seitens der Länder wäre damit vom Tisch.

Zudem wollen die Bundesländer die Fristen zur Umsetzung anpassen. So müsse die Zeitspanne zur „rechts­kräftigen Zuweisung der Leistungsgruppen“ deutlich ausgeweitet werden. Darüber hinaus dürften die Leis­tungsgruppen nicht erneut zum 1. Januar 2027 angepasst werden, wenn die Länder bis zum 31. Oktober 2026 Zeit bekommen, diese erstmalig auszuweisen.

„Andernfalls müssen Zuweisungen von Leistungsgruppen bereits nach kürzester Zeit wieder geändert wer­den“, heißt es. Die Anpassung der Landeskrankenhausgesetze sowie der entsprechende Landeskrankenhaus­plan setze die Länder bereits jetzt unter Druck, heißt es weiter.

Ebenso kritisch bewerten die Länder die Bemühungen des Bundes, mit dem KHVVG der Bürokratisierung ent­gegenzutreten. „Es ist bislang nicht ersichtlich, wie mit der Reform eine Entbürokratisierung erreicht werden könnte“, heißt es in der Stellungnahme.

Zusätzliche Meldepflichten bei der Pflegepersonalbemessungsverordnung sowie durch das KHVVG gingen zu­lasten der Krankenhäuser. Daher müsse das Ziel des Bürokratieabbaus auch Teil der Gesetzesevaluation wer­den.

Die vielen zusätzlichen Aufgaben sowie die Rolle Medizinischer Dienstes wird von den Ländern kritisiert: „Der Gesetzesentwurf überantwortet dem Medizinischen Dienst umfangreiche Prüfaufgaben, die zumindest pers­pektivisch, wohl aber auch schon heute deckungsgleich mit bereits bestehenden Aufgaben des Medizinischen Dienstes sind.“ Einheitliche Verfahren würden aber nicht angedacht, so die Bundesländer.

Die Stellungnahme zum Gesetz – heute endet die Frist für alle Beteiligten und Verbände – haben die Bundes­länder einstimmig beschlossen. Die Kliniken aber auch die Patientinnen und Patienten benötigen nun eine Perspektive, so Ministerin von der Decken.

„Das gemeinsam bestehende Reformziel kann nur erreicht werden, wenn der Bundesgesundheitsminister die Expertise der Länder annimmt und sich darauf zurückbesinnt, dass die Reform nur mit den vor Ort für die Planung verantwortlichen Ländern gelingen kann“, sagte sie weiter.

Auch die Hamburger Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) bekräftigt den Willen zur Zusammenarbeit: „Mit unseren konkreten Vorschlägen bereiten wir den Weg für eine Krankenhausreform, die vor Ort ankommt. Sie stellen keinen kleinsten gemeinsamen Nenner mit dem Bund dar, sondern sind ein Angebot zur gemeinsamen Gestaltung der Krankenhausreform.“

Sie betont das Problem bei den Fehlanreizen zur Vorhaltevergütung und den Kooperationen. Um dies zu lö­sen, hätten die Länder nun einen Vorschlag vorgelegt. „Dieser greift die Thematik auf, dass es für Fachkliniken gerade in Metropolregionen oder spezialisierte Versorgungsangebote eines krankenhausplanerischen Gestaltungsfreiraums bedarf.“

Für NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist es in der lange anhaltenden Reformdebatte ein gutes Zeichen, dass alle Länder sich auf ein Papier verständigen konnten. „Ich bin daher sehr glücklich, dass sich die 16 Gesundheitsministerinnen und Minister der Länder einig sind“, so Laumann in der gemeinsamen Mitteilung von Schlotzhauer und von der Decken.

„Wir brauchen eine Krankenhausreform, die nachhaltige Versorgungssicherheit schafft. Hierfür werden wir uns gemeinsam einsetzen und haben dem Bundesgesundheitsminister unsere Vorschläge unterbreitet", erklärte Laumann.

Nach der nicht öffentlichen Verbändeanhörung am gestrigen Montag sowie den Stellungnahmen zum Gesetz, die bis zum heutigen Dienstag im BMG ankommen müssen, ist voraussichtlich am kommenden Mittwoch (8. Mai) der Kabinettsbeschluss des Gesetzes geplant. Bis dahin muss noch ein offizieller Kabinettsentwurf des Gesetzes vorliegen.

bee

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