Politik

Öffentlicher Dienst: Entgelterhöhungen von bis zu 17 Prozent

  • Montag, 24. April 2023
/VILevi, stock.adobe.com
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Potsdam – Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Bund haben sich mit den Gewerkschaften Verdi und dem dbb Beamtenbund und Tarifunion auf einen Tarifabschluss für die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen verständigt. Die Einigung erfolgte auf Basis der Schlich­tungsempfehlung vom 14. April, wie die VKA mitteilte.

Die Tarifeinigung sieht demnach die Auszahlung eines steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsgeldes in Höhe von insgesamt 3.000 Euro vor. Die Auszahlung erfolgt gestückelt: Die Beschäftigten erhalten im Juni 1.240 Euro, anschließend mo­natlich 220 Euro im Zeitraum Juli bis Februar 2024.

Ab 1. März 2024 werden die Tabellenentgelte aller Beschäftigten um 200 Euro erhöht (Sockelbetrag). Diese um 200 Euro erhöhten Entgelte werden zusätzlich um 5,5 Prozent erhöht. Soweit dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht wird, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe festgesetzt werden. Der Tarif­abschluss tritt rückwirkend zum 1. Januar 2023 in Kraft und hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2024.

Für die kommunalen Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen wurde darüber hinaus vereinbart, zuzüglich zum regulären Entgelt ein um bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise gewähren zu können – unabhängig von der eigentlichen Stufenlaufzeit der Beschäftigten.

Ein Beispiel: Eine Pflegefachkraft in der Entgeltgruppe P7, Stufe 6, profitiert von einem Plus von rund 426 Euro, was ein­schließlich der 3.000 Euro Inflationsausgleichsgeld während der Laufzeit einem Plus von ins­gesamt rund 18 Prozent entspricht.

Auch sieht der Tarifabschluss für die Auszubildenden, Praktikanten sowie Studierenden Aufwertungen vor. Diese erhalten das vereinbarte Inflationsausgleichsgeld hälftig. Weiterhin werden die Entgelte der Auszubil­denden und Praktikanten sowie Studierenden ab 1. März 2024 um 150 Euro erhöht.

„Ziel war und ist die Verbesserung der Möglichkeiten zur Personalgewinnung und Personalbindung“, sagte VKA-Präsidentin Karin Welge. Mit dem Tarifergebnis verbessere sich die Einkommenssituation für die Be­schäftigten spürbar. „Vor allem war es uns wichtig, dass auch die höheren Entgeltgruppen von dem Tarifer­gebnis profitieren, um so die dringend benötigten Fach- und Führungskräfte gewinnen zu können.“

Für die kommunalen Arbeitgeber handelt es sich laut VKA mit rund 17 Milliarden Euro um den teuersten Tarif­abschluss aller Zeiten. Auf die kommunalen Arbeitgeber kommen mit der Tarifeinigung dauerhafte Kosten von rund 13 Milliarden Euro zu.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht im Tarifabschluss ein wichtiges Zeichen, dass Krankenhäu­ser dauerhaft im Wettbewerb um Fachkräfte konkurrenzfähig bleiben. Sie sieht aber die Politik in der Pflicht, die Kosten des teuersten Tarifabschlusses aller Zeiten zu refinanzieren.

„Der Kompromiss zwischen Verdi und den Arbeitgebern ist für die Krankenhäuser ein zweischneidiges Schwert“, sagte der Vorstandsvorsitzende der DKG, Gerald Gaß. Einerseites begrüße man den deutlichen Gehaltszuwachs für die Mitarbeiter.

Andererseits müsse aber jedem klar sein, dass die Kliniken diese hohen Personalkostenzuwächse mit den bisherigen Erlössteigerungen von 2,3 Prozent im vergangenen und 4,3 Prozent in diesem Jahr nicht refinan­zieren könnten. „Die Politik muss jetzt unverzüglich handeln und die dauerhafte volle Refinanzierung der Personalkostenzuwächse sicherstellen“, sagte Gaß.

Er geht davon aus, dass der Tarifabschluss „Signalwirkung auf alle Tarifverträge“. „Wir fordern Karl Lauterbach und seine Kolleginnen und Kollegen in den Ländern auf, dieses Thema jetzt ganz oben auf die Agenda der laufenden Bund-Länder-Gespräche zu setzen.“

Die Beschäftigten in den Krankenhäusern erwarteten nicht nur gute Tarifabschlüsse, sondern auch dass sich die Politik ihrer Verantwortung stelle und die Krankenhäuser wirtschaftlich stabilisiere. Die Insolvenzgefahr in der Klinikbranche sei schon vor diesem Tarifabschluss sehr hoch gewesen und werde durch diese hohen Zuwächse bei den Personalkosten weiter anwachsen.

Kommunalverbände sprechen von schweren Belastungen für Städte und Gemeinden, aber auch von einem vertretbaren Kompromiss. „Der Tarifabschluss ist eine harte Nuss für die Städte in schwieriger Zeit“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Sie bringe aber Planungssicherheit bis Ende 2024 und könne bei der Gewinnung dringend benötigter Fachkräfte helfen. „Unterm Strich ist es für die Städte ein sehr teurer, aber gerade noch machbarer Kompromiss.“

Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, stellte sich hinter das Ergebnis. „Der Tarifabschluss ist ein guter Kompromiss zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten, die Tag für Tag sehr engagiert gute Arbeit in den Städten und Gemeinden leisten, auf der einen Seite und den Interessen der kommunalen Arbeitgeber auf der anderen Seite.“ Es sei gut, dass nun ein weiterer Tarifkonflikt mit flächendeckenden Streiks im öffentlichen Dienst verhindert worden sei.

Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sagte: „Das ist ein nicht einfacher, aber vertret­ba­rer Abschluss.“ Positiv sei, dass der öffentliche Dienst seine Attraktivität als Arbeitgeber stärke und die Leis­tun­gen seiner Mitarbeiter anerkenne. „Allerdings haben die Gewerkschaften deutlich zu wenig im Blick, dass es den Kommunen gerade bei qualifizierten Fachkräften wie Ingenieuren, Ärzten und IT-Verantwortlichen im­mer schwerer gelingt, Personal zu halten und zu gewinnen.“ Die Einigung sorge nämlich für überproportio­nale Zuwächse bei unteren Lohngruppen.

Die Gewerkschaftsmitglieder müssen noch zustimmen, Verdi-Chef Frank Werneke äußerte sich aber zuver­sicht­lich. Die größte Tariferhöhung seit Jahrzehnten im öffentlichen Dienst sieht Einmalzahlungen und Lohnerhöhungen vor.

may/dpa

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