Nach langem Streit: Bundesrat billigt Krankenhaustransparenzgesetz

Berlin – Der Bundesrat hat das Krankenhaustransparenzgesetz gebilligt und damit die im Februar erzielte Einigung im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag bestätigt.
Bayern hatte in der heutigen Sitzung beantragt, Einspruch gegen das Gesetz einzulegen. Dies ist allerdings mit einer Minderheit des Bundesrates gescheitert. Damit kann das Gesetz nach monatelangem Streit zwischen Bund und Ländern in Kraft treten.
Mit dem Gesetz soll ab 1. Mai ein Online-Verzeichnis über die Krankenhausbehandlungen in Deutschland starten. Das Verzeichnis soll die Krankenhäuser unter anderem mit den geplanten Leistungsgruppen, Fallzahlen von Leistungen, Anzahl des ärztlichen und pflegerischen Personals sowie Komplikationsraten und die Zuordnung der einzelnen Klinikstandorte zu Versorgungsstufen darstellen. Auch finanzielle Hilfen für die Krankenhäuser, darunter ein vorläufiger Mindererlösausgleich für das Pflegebudget, sind im Gesetz enthalten.
Das Transparenzgesetz war Ende November 2023 bereits im Bundesrat. Damals hatten die Länder allerdings mit einer knappen Mehrheit den Vermittlungsausschuss angerufen. Sie kritisierten insbesondere fehlende finanzielle Hilfen für die Krankenhäuser sowie einen Eingriff in ihre Planungshoheit in der Krankenhausplanung.
Der Vermittlungsausschuss hatte im Februar eine Einigung erzielt, ohne jedoch das Gesetz selbst zu ändern. Grundlage der Einigung war eine Protokollerklärung vonseiten des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD). In dieser wurde beispielsweise eine Erhöhung der Landesbasisfallwerte angekündigt sowie ein milliardenschwerer Transformationsfonds.
Der Bundesrat hat heute zudem eine Entschließung angenommen, in der der Bundesratsausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfiehlt, in der nächsten Novellierung des Gesetzes für eine praktischere Umsetzung zu sorgen.
Konkret sorgt sich der Bundesrat, dass das mit dem Gesetz geplante Transparenzverzeichnis für Patienten und ihre Angehörigen nur bedingt Orientierung geben werde. Aspekte wie etwa die Qualität und Zuverlässigkeit der Kommunikation mit den Patienten und ihren Angehörigen, das Entlassmanagement oder der Umgang mit Beschwerden sollten perspektivisch ebenfalls mit in das Verzeichnis aufgenommen werden. Auch pocht die Entschließung darauf, dass die Informationen „in einer für Laien verständlichen und zugänglichen Weise aufbereitet werden“.
Kritik: Gesetz als zweiter Schritt vor dem ersten
Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nannte im Vorfeld der Abstimmung das Ergebnis des Vermittlungsausschusses erneut „enttäuschend“. „Es wurde die Chance vertan, das Gesetz aufs richtige Gleis zu setzen“, so Gerlach. Weiter sei enttäuschend, dass der Bund nicht im notwendigen Umfang und in der benötigten Eile für eine angemessene Finanzierung der Betriebskosten sorge.
Die Regelungen im Transparenzgesetz würden nicht ausreichen, um die Krankenhäuser in ihrer wirtschaftlich schwierigen Situation zu unterstützen. Die Kliniken bräuchten aber jetzt Hilfe, um nicht von einer „unkontrollierten Pleitewelle“ überrollt zu werden, so Gerlach. Entsprechend lehnte Bayern das Gesetz ab.
Auch Manne Lucha (Grüne), Gesundheitsminister aus Baden-Württemberg, kritisierte das Gesetz und die Einigung im Vermittlungsausschuss. Er warf Lauterbach vor, die Bevölkerung mit dem Verzeichnis verunsichern zu wollen. Es brauche zwar die Krankenhausreform, aber das Transparenzgesetz sei der zweite Schritt vor dem ersten, so Lucha. Er hoffe künftig auf bessere Verhandlungen mit dem Bund. Baden-Württemberg sprach sich ebenfalls gegen das Gesetz aus.
Ähnlich argumentierte Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), Minister für Kultur-, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei des Freistaats Thüringen. Es brauche zuerst weitere finanzielle Hilfen vonseiten des Bundes und danach können ein Transparenzverzeichnis starten, so Hoff. Er befürchte außerdem weitere Bürokratie, die mit diesem Gesetz folgen werde. Hoff kündigte an, Thüringen werde sich aufgrund von Unstimmigkeiten in der eigenen Landesregierung enthalten.
Bürokratie verringern
Zuspruch für das Gesetz gab es vom saarländischen Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD) und vom niedersächsischen Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). Das Gesetz sei entscheidend auf dem Weg zur dringend benötigten Krankenhausreform, erklärte Jung.
Patienten könnten so besser über Krankenhausleistungen informiert werden. Allerdings betonte er, dass der Bürokratieaufwand für die Kliniken reduziert werden müsste. Es gebe zudem zurecht Bedenken, dass die Finanzmittel nicht in der versprochenen Höhe bei den Krankenhäusern ankommen werden. Auch er plädierte deshalb für mehr Geld für die Kliniken. Die heutige Zustimmung zum Gesetz sei zudem ein „Vertrauensvorschuss“, dass die Länder im Rahmen der Krankenhausreform mitgenommen werden müssten, sagte Jung.
Philippi erklärte ebenfalls, dass mit diesem Gesetz eine Kröte geschluckt werden müsse, um mit nötigen Veränderungen in der Krankenhausreform weiterzukommen. Das Transparenzgesetz sei deshalb wichtig für das große Krankenhausreformgesetz (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, KHVVG). Die Reform könne die gesetzlichen Grundlagen schaffen, damit die Betriebskostenfinanzierung der Kliniken grundlegend verbessert und neugestaltet werden, so Philippi.
Lauterbach selbst betonte vor der Abstimmung, alle angekündigten Maßnahmen der Protokollerklärung seien bereits im Entwurf des KHVVG umgesetzt. So sei er den Ländern entsprechend entgegengekommen. Er pochte zudem darauf, dass es ethisch geboten sei, Patientinnen und Patienten so schnell wie möglich die Information zu bieten, in welcher Klinik sie die beste Behandlung bekommen. Man dürfe nicht erst darauf warten, bis die Kliniken finanzielle Mittel erhalten.
Die Abstimmung sorgt für gemischte Reaktionen. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt, zeigte sich etwa sehr froh, „dass heute der Weg für kurzfristige Liquiditätshilfen in Höhe von bis zu sechs Milliarden Euro von den Ländern frei gemacht wurde“. Kliniken bekämen die Hilfe, die sie benötigen.
„Es ist auch eine wichtige Weichenstellung, dass nach der Verzögerung im Vermittlungsausschuss der Bundesrat heute mit dem Transparenzgesetz konkrete Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten beschlossen hat. Sie können in Zukunft einfach erkennen, wo sie welche Versorgung und Leistung am besten bekommen können.“
Der Bundestagsabgeordnete Armin Grau (Grüne) begrüßte das Gesetz ebenfalls: „Damit werden bereits ab Mai erste wichtige Informationen zu den Leistungen, personellen und apparativen Ausstattungen und zu Qualitätsmerkmalen der Krankenhäuser für die Bürgerinnen und Bürger online zur Verfügung stehen. Diese Entscheidung dient auch dem Fortschritt der Krankenhausreform.“
Die Abstimmung heute ermögliche nun eine weitere Informationsmöglichkeit über das Leistungsangebot und die Qualität der Kliniken, betonte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek). Sie monierte jedoch, dass die Krankenhausreform insgesamt mit dem aktuellen Referentenentwurf eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes ungewiss bleibe.
„Wesentliche Entscheidungen, etwa die Ausgestaltung der Leistungsgruppen, werden in Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrats verschoben. Gleichzeitig werden die Versicherten und Arbeitgeber mit Mehrausgaben in Milliardenhöhe für einen Transformationsfonds und sonstige Finanzhilfen belastet. Das führt zu weiteren Beitragssatzanhebungen”, kritisierte Elsner.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte immer wieder betont, dass es in ihren Augen beim Transparenzgesetz nicht um Transparenz, sondern um eine Entmachtung der Länder in der Krankenhausplanung geht. Der DKG fehlt zudem weiterhin jede Zusage zu einem Inflationsausgleich.
Der Geschäftsführer des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), Frank Heimig, nannte gestern auf dem DRG-Forum den geplanten Starttermin des Transparenzverzeichnisses zum 1. Mai schwierig. Mit dem Krankenhaustransparenzgesetz werde dafür eine neue Datenübermittlung zwischen InEK und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) geschaffen. Gegebenenfalls starte das Verzeichnis zunächst mit einem Teil der versprochenen Daten, so Heimig.
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