Politik

Bund will Krankenhausqualität ab April 2024 offenlegen

  • Mittwoch, 16. August 2023
/TSViPhoto, stock.adobe.com
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Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will eine umfangreiche Transparenzoffensive zur Qualität der Krankenhäuser ins Leben rufen. Geplant ist ein Onlineportal, das insbesondere Patienten über das Leistungsangebot der Krankenhausstandorte informieren soll. Das Transparenzportal richtet sich aber auch an die Ärzteschaft.

Das Transparenzportal soll zum 1. April 2024 veröffentlicht werden. Das geht aus einer Formulierungshilfe der Bundesregierung für einen Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz (Krankenhaustransparenzgesetz) hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Konkret soll ein neuer Paragraf 135d in das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) mit entsprechenden Vorgaben eingefügt werden.

Bislang hatte Lauterbach immer davon gesprochen, mit diesem Vorhaben Anfang Januar 2024 starten zu wollen. Offenbar ist diese zeitnahe Umsetzung allerdings nicht möglich. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeitet derzeit neben dem Krankenhaustransparenzgesetz an einem weiteren Gesetz zur großen Krankenhausreform.

Darin soll eine Neugestaltung der Krankenhausplanung insbesondere mithilfe von Leistungsgruppen geregelt werden. Zudem ist eine Vorhaltefinanzierung vorgesehen. Bund und Länder haben sich am 10. Juli auf ein ent­sprechendes Eckpunktepapier zur Krankenhausreform geeinigt, das Gesetzgebungsverfahren soll Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Das Transparenzverzeichnis soll dem Entwurf zufolge „in leicht verständlicher, interaktiver Form über das Leistungsangebot am jeweiligen Krankenhausstandort“ informieren. Eine zugängliche und für jedermann verständliche Information, an welchem Krankenhausstandort welches Leistungsangebot mit welcher Fallzahl und welcher personellen Ausstattung erbracht werde, ermögliche Patientinnen und Patienten die Auswahl des für ihre Behandlung am besten geeigneten Krankenhausstandorts, so die Begründung.

Auch einweisende Ärztinnen und Ärzte sollen über die Qualität und die Leistungserbringungen der Kranken­häuser angemessen informiert und aufgeklärt werden. Das Transparenzverzeichnis soll zudem den Wettbe­werb um mehr Qualität in der medizinischen Versorgung stärken, indem die Krankenhausstandorte die Leis­tungs- und Qualitätsdaten anderer Einrichtungen als Orientierung für eigene Verbesserungsmaßnahmen nutzen, argumentiert das BMG.

Verzeichnis soll Motivation des ärztlichen Personals steigern

Zudem stärke ein solches Transparenzverzeichnis auch die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden der Krankenhäuser, stetig Verbesserungspotenziale zu heben und Prozesse im Versorgungsgeschehen zu optimie­ren. In der Folge werde durch dieses Transparenzverzeichnis die Qualität der Krankenhausbehandlung gestei­gert.

Darüber hinaus will das BMG das Portal langfristig weiterentwickeln. „Perspektivisch sollen auch Qualitäts­ver­gleiche bei an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringern ermöglicht werden“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.

Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) soll dabei die entsprechen­den Daten zusammenführen, aufbereiten und auswerten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Bearbeitung der Daten für das Transparenzportal „Vorrang vor allen sonstigen Aufträgen des Instituts durch oder aufgrund eines Gesetzes“ hat. Die Daten sollen an eine durch das BMG zu bestimmende Stelle übermittelt werden, die das Portal gestalten soll. Das Portal werde zudem fortlaufend auf Basis neuer Datenauswertungen aktuali­siert.

Konkret sollen verschiedene Daten im Transparenzportal veröffentlicht werden. Darunter sind erbrachte Leis­tungen der Krankenhäuser, aufgeschlüsselt nach den geplanten 65 Leistungsgruppen mit der Angabe der je­weils erbrachten Fallzahl, die personelle Ausstattung je Leistungsgruppe im Verhältnis zum Leistungsumfang und die patientenrelevanten Ergebnisse aus Qualitätssicherungsverfahren. Zudem sollen die Krankenhäuser Versorgungsstufen oder Levels zugeordnet werden.

Vierteljährliche Datenübermittlung der Krankenhäuser

Die Krankenhäuser werden demnach gesetzlich verpflichtet, entsprechende Daten an das Institut für das Ent­geltsystem im Krankenhaus (InEK) zu übermitteln. Neu ist dabei die Übermittlung der Anzahl des beschäftig­ten ärztlichen Personals sowie den jeweils zugeordneten Leistungsgruppen und die damit zusammenhängen­den erbrachten Leistungen.

Die Krankenhäuser sollen die Daten vierteljährlich bis zum 15. des auf ein abgeschlossenes Quartal folgen­den Monats an das InEK übermitteln. Erstmals erfolgt die Verpflichtung der Datenübertragung bis zum 15. Januar 2024. Das InEK wiederum leitet die Daten an das IQTIG weiter.

Dem BMG ist dabei klar, dass den Krankenhäusern dadurch ein „geringer, nicht quantifizierbarer Aufwand“ entsteht. Für die Datenmeldungen zu Ärztinnen und Ärzten werde eine vergleichbare Datenübermittlung bereits seit 2019 für das Pflegepersonal durchgeführt.

„Für die Datenmeldungen insgesamt existiert bereits ein etablierter Datenübermittlungsweg, so dass die Datenübermittlungssysteme nur geringfügig angepasst werden müssen“, schreibt das BMG. Welche Kosten damit verbunden seien, sei vom einzelnen Krankenhaus und seiner Ausstattung abhängig und lasse sich nicht abschließend beziffern.

Die im Entwurf genannten Leistungsgruppen orientieren sich vor allem an den 60 somatischen Leistungs­gruppen, die bereits für die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen erarbeitet worden sind. Zusätzlich haben sich Bund und Länder im Juli auf weitere fünf Leistungsgruppen (Infektiologie, Notfallmedizin, spe­zi­elle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinder- und Jugendchirurgie) geeinigt.

Die von der Regierungskommission Krankenhaus ursprünglich vorgeschlagenen Krankenhauslevels haben sich bei den Verhandlungen allerdings nicht durchgesetzt und werden demnach keine Grundlage für die künftige Krankenhausplanung der Länder sein. Für das Transparenzverzeichnis sollen die Krankenhäuser jedoch trotzdem in drei Level eingeteilt werden, das war Lauterbach über die Verhandlungen hinweg wichtig.

Im Transparenzverzeichnis sollen demnach Level-3-Krankenhäuser ausgewiesen werden, wenn sie mindes­tens fünf internistische Leistungsgruppen, mindestens fünf chirurgische Leistungsgruppen, die Leistungs­gruppe Intensivmedizin, die Leistungsgruppe Notfallmedizin sowie zusätzlich acht weitere Leistungsgruppen vorwei­sen können.

An Level-2-Krankenhäusern werden mindestens zwei internistische Leistungsgruppen, mindestens zwei chi­rur­gische Leistungsgruppen, die Leistungsgruppe Intensivmedizin, die Leistungsgruppe Notfallmedizin sowie zusätzlich drei weitere Leistungsgruppen erbracht.

Level-1n-Krankenhäuser müssen mindestens die Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin, die Leistungs­gruppe Allgemeine Chirurgie, die Leistungsgruppe Intensivmedizin sowie die Leistungsgruppe Notfallmedizin erbringen können.

Zudem sollen künftige Level-1i-Krankenhäuser als sektorenübergreifende Versorger gelten, die regelhaft keine Notfallmedizin erbringen. Die Zuordnung der Krankenhäuser zu der Versorgungsstufe Level 1i erfolgt durch die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde.

„Diese Krankenhäuser gelten bis zur Zuordnung durch die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbe­hörde als Level-1-Krankenhäuser und sind im Transparenzverzeichnis gesondert zu kennzeichnen“, heißt es dazu im Gesetzentwurf. Außerdem sollen Fachkrankenhäuser (Level F) ausgewiesen werden, die sich auf die Behandlung einer bestimmten Erkrankung oder Krankheitsgruppe spezialisiert haben.

Die Levelzuordnung soll „eine ausreichend aussagekräftige Abstufung der Beiträge der Krankenhäuser zur stationären Versorgung“ erreichen, heißt es dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs.

Verzeichnis kostet jährlich etwa eine Viertelmillion Euro

Das geplante Transparenzportal ist umstritten. Insbesondere die Bundesländer sind nach wie vor gegen eine Einteilung der Krankenhauslandschaft nach Levels. Lauterbach hatte allerdings immer wieder betont, dass er für eine solche Transparenzoffensive nicht die Zustimmung der Länder braucht.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß nannte das Transparenz­verzeichnis heute „das trojanische Pferd der Krankenhausreform“. Durch die Einteilung der Krankenhäuser in Level erfolge eine Zentralisierung der Krankenhausplanung durch die Hintertür.

Ziel des Bundesgesundheitsministers sei es, den Patienten zu signalisieren, dass die Versorgung in Kranken­häusern höherer Level besser sei. „Das ist ein massiver Eingriff in die Planungskompetenz der Länder und führt dazu, dass Patientinnen und Patienten nicht informiert, sondern in die Irre geführt werden. In Zukunft sollen sie die Grundversorgerstandorte meiden, so scheint es das Ziel von Karl Lauterbach zu sein“, kritisiert Gaß.

Das BMG habe zudem die finanzielle Förderung des bereits bestehenden Deutschen Krankenhausverzeichnisses nicht fortgeführt, kritisierte die DKG vor einigen Wochen. Dieses habe den Bürgern bereits seit Jahren die Möglichkeit gegeben, sich über stationäre Leistungsangebote und Qualitätskriterien zu informieren, so die DKG.

Der Gesetzentwurf zur Einführung des Transparenzverzeichnisses geht nun hingegen von einmaligen Um­setzungskosten in Höhe von mindestens 100.000 Euro und jährlichen Umsetzungskosten von mindestens 250.000 Euro aus. Die genauen Ausgaben des Bundeshaushaltes könnten aber „nicht abschließend quanti­fiziert werden“, schreibt das BMG.

cmk

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