Politik

Ärzteverbände: Geplantes Coronakonzept für Arztpraxen ist ausreichend

  • Montag, 29. August 2022
/picture alliance, dpa, Friso Gentsch
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Berlin – Die Bundesregierung plant, für den kommenden Herbst und Winter eine umfangreiche FFP2-Masken­pflicht in bestimmten Bereichen einzuführen. Über eine Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräu­men, also auch Arztpraxen, sollen ab Oktober aber die Bundesländer per Landtagsbeschluss entscheiden. Eine bundesweite Regelung ist nicht angedacht.

„Wir halten die jetzt vorgeschlagene Regelung für ausreichend und brauchen keine bundeseinheitliche Rege­lung zur Maskenpflicht in Arztpraxen“, sagte Stephan Hofmeister, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) heute im Gesundheitsausschuss des Bundestags auf Nach­fra­ge des Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer (CSU).

Die Arztpraxen sollten und müssten bereits jetzt Hygienekonzepte erarbeiten und könnten mit den vorhande­nen Mitteln eine Maskenpflicht in den Praxen anwenden, sofern es die Situation erfordert, erläuterte Hof­meis­ter weiter.

Der Geschäftsführer des Deutschen Hausärzteverbands, Joachim Schütz, schloss sich Hofmeister an. Allerdings müsste man aus rechtlicher Sicht hinterfragen, ob unter die Definition von öffentlich zugänglichen Innenräu­men auch tatsächlich Arztpraxen fallen würden, so Schütz. Insbesondere hinsichtlich der Frage des Haus­rechts der Arztpraxen müsste dies überprüft werden.

Auch die Rechtsexpertin und Professorin für Öffentliches Recht, Andrea Kießling von der Universität Frankfurt, sieht hinsichtlich des geplanten Coronaschutzkonzepts keine Regelungslücke, sondern lediglich eine Ver­schie­bung der Zuständigkeiten.

Das Thema Maskenpflicht im Fern- und Flugverkehr wurde im Gesundheitsausschuss ebenfalls diskutiert. Nach Ansicht des Virologen Jonas Schmidt-Chanasit ist in diesem Bereich eine FFP2-Maskenpflicht nicht zu begründen. Entscheidend sei die richtige Ver­wendung der Masken, dies sei bei einer längeren Tragedauer aber kaum der Fall.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, erklärte dazu: „Es wurde deutlich, dass die FFP2-Maskenpflicht im Flugzeug und in Fernzügen aus wissenschaftlicher Sicht nicht sinn­voll sei. Die FFP2-Maske würde häufig nicht richtig getragen, so dass der zusätzliche Schutz nicht gegeben sei. Zudem seien Maskenpflichten im Außenbereich und in Restaurants nicht sinnvoll.“ Ullmann geht davon aus, dass die Koalition noch über Änderungen des Gesetzes sprechen werde.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht und Pandemie-Datenlage

Thema im Gesundheitsausschuss war auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte im Gesund­heitswesen. Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht, hält aufgrund des geplanten Corona­schutzkonzepts in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für nicht mehr haltbar.

Da das Schutzkonzept des Bundes ein regelmäßiges negatives Testergebnis sowie eine Maskenpflicht vor­sieht, sei nicht ersichtlich, welchen zusätzlichen Nutzen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht bringe, er­klärte er auf die Frage des Bundestagsabgeordneten Dietrich Monstadt (CDU).

Kritik an dieser geplanten Regelung gab es allerdings im Nachgang des Ausschusses von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Insbesondere die geplanten verschärften Testverpflichtungen in Krankenhäusern seien in der Praxis nicht umsetzbar, betonte der Verband. Alle, die im Krankenhaus tätig sind, sollen demnach täglich einen negativen Test vorlegen müssen.

„Dieser Wahnsinn muss gestoppt werden. Auch vollständig Geimpfte und Genesene sollen künftig dieser täglichen Testpflicht unterliegen. Bei einer Impfquote von rund 95 Prozent unter den medizinischen und pflegerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedeutet das einen Mehraufwand, der für die Krankenhäuser nicht mehr zu stemmen ist", sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. Der bisherige Infektionsschutz in den Kliniken funktioniere hervorragend. Krankenhäuser seien zudem keine Orte an dem sich Patienten oder Beschäftigte anstecken.

Das Schutzkonzept der Regierung sieht zudem eine bessere Erfassung der Belastung des Gesundheitswesen vor. Der Inten­sivmediziner Christian Karagiannidis von der Universität Witten/Herdecke begrüßte die geplante Einführung der Abfrage der belegten Betten im Krankenhaus über das DEMIS-System. Er empfiehlt allerdings darüber hinaus auch etwa die belegten Betten der Normalstationen sowie die Notaufnahmen mit in die Übersicht des Pandemiegeschehens aufzunehmen.

Insgesamt bewege sich Deutschland derzeit im Basisszenario aufgrund der herrschenden Omikron-Virusvari­anten, erklärte der Infektiologe Leif Erik Sander von der Charité Berlin. Dieses Szenario sei zwischen einem günstigsten und einem ungünstigsten Szenario angeordnet. Diese unterschiedlichen Szenarien hatte der Co­ronaexpertenrat der Bundesregierung Anfang Juni für den Herbst skizziert.

Kritik zum geplanten Coronaschutzkonzept gibt es von der Opposition. So betonte die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Kathrin Vogler, dass die Maßnahmen der Koalition zur Bekäm­pfung von Corona im Herbst und Winter zu kurz greifen würden.

„Das Tragen von Masken bleibt ein wichtiges Element einer Schutzstrategie gegen Corona. Entscheidend für den Erfolg ist aber, dass die Regeln allgemein verständlich und nachvollziehbar sind. Die verwirrenden Aus­nahmeregelungen für Getestete bzw. für Nichtgetestete, die aber frisch geimpft sind, sind deswegen unbe­dingt zu streichen“, sagte Vogler heute.

Voraussichtlich kommende Woche wird der Bundestag die Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes in zweiter und dritter Lesung diskutieren und verabschieden. Die bestehenden Regelungen im Infektionsschutz­gesetz laufen zum 23. September 2022 aus. Das neue Coronaschutzkonzept soll nach einer Übergangszeit der alten Regelung ab dem 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 gelten.

cmk

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