Gröhe gegen Freigabe der „Pille danach“

Berlin – Vor der Bundestagsdebatte am Donnerstag ist ein neuer Streit um die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“ entbrannt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist gegen diese Freigabe. Aus seiner Sicht seien ein „zügiger, diskriminierungsfreier Zugang“ zu dem Verhütungsmittel und eine gute Beratung am besten gewährleistet, wenn es bei der Verschreibungspflicht bleibe, erklärte Gröhe in der Welt am Sonntag.
Damit stellt sich der Minister gegen die Empfehlung des zuständigen Sachverständigenausschusses am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatten zuvor empfohlen, die Verschreibungspflicht für das Präparat auf Basis des Wirkstoffes Levonorgestrel aufzuheben. Auch SPD, Grüne und Apotheker forderten den Minister am Wochenende zur Freigabe des Mittels auf.
Mit Blick auf die Bundestagsdebatte warnte Gröhe davor, sich der Thematik „mit Schaum vor dem Mund“ zuzuwenden. Bei dem Präparat handele sich nicht um eine „Abtreibungspille“. Daher gehe es in dieser Frage weder darum, einen vermeintlichen Sittenverfall zu bekämpfen noch darum, die Selbstbestimmung von Frauen einzuschränken. Vielmehr müsse man das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und die Frauengesundheit bestmöglich zusammenbringen.
Im Übrigen halte er Verschreibungspflicht und ärztliche Beratung auch deshalb für wichtig, weil die „Pille danach“ einen Wirkstoff enthalte, der in Einzelfällen auch schwerere Nebenwirkungen haben könne, hob der Minister hervor. Zudem verwies er darauf, dass aufgrund der geltenden Praxis in Deutschland die Zahl der Abtreibungen bei Teenagern deutlich gesunken sei, während sie in anderen Ländern mit rezeptfreier „Pille danach“ ansteige.
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hatte für die Beibehaltung der Verschreibungspflicht plädiert. Die Pille bedeute einen gravierenden Eingriff in den Hormonhaushalt, daher brauchten betroffene Frauen eine kompetente Beratung durch einen Facharzt, hatte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery dem Spiegel gesagt.
Grüne, SPD und die Bundesapothekerkammer dagegen forderten Gröhe auf, die „Pille danach“ von der Rezeptpflicht zu befreien. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katja Dörner, rief die Union in der Welt dazu auf, „ihre Blockadehaltung“ aufzugeben. Es gebe keinerlei sachliche Gründe, die rezeptfreie Abgabe abzulehnen. „Es ist längst überfällig, auch in Deutschland Frauen zur Verhinderung einer ungewollten Schwangerschaft in Notfallsituationen einen selbstbestimmten, schnellen Zugang zur „Pille danach“ zu ermöglichen“, so Dörner: „Wenn Frauen Beratung wünschen, ist diese in der die Pille ausgebenden Apotheke gewährleistet.“
Apotheker wollen Verantwortung übernehmen
Auch Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, forderte die Regierung in der Welt auf, der Empfehlung des Ausschusses zu folgen. Die Arzneimittelverschreibungsverordnung müsse entsprechend geändert werden. Wohnortnahe Apotheken mit flächendeckendem Nacht- und Notdienst könnten „die Patienten kurzfristig versorgen, inklusive der notwendigen Beratung“, sagte Kiefer. „Apotheker können die Arzneimittelsicherheit gewährleisten und Verantwortung dafür übernehmen, dass Medikamente nicht missbräuchlich angewendet werden.“
Zuvor hatte sich bereits die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Hilde Mattheis, gegen Gröhe gewandt. „Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass die „Pille danach' dazu beiträgt, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern“, sagte sie der Welt.
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