Energiehilfen: Sechs Milliarden werden vermutlich nicht vollständig bei Kliniken ankommen

Berlin – Die vom Bund versprochenen sechs Milliarden Euro Energiehilfen für Krankenhäuser werden voraussichtlich nicht vollständig bei den Krankenhäusern ankommen. Grund dafür ist ein zu geringer Anteil von angemeldeten Kosten vonseiten der Krankenhäuser.
Vor Kurzem gingen bundesweit viele Tausende Klinikbeschäftigte erneut auf die Straße und riefen nach kurzfristigen Finanzhilfen vom Bund, um die Krankenhäuser zu stabilisieren. Ein direkter Finanzausgleich sowie eine Refinanzierung der Tariferhöhungen waren dabei die hauptsächlichen Forderungen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verwies hingegen auf verfügbare Hilfen des Bundes, die Ende des vergangenen Jahres vom Bundestag beschlossen worden seien. Damals hatte der Bundestag mit der Einführung einer Gas- und Strompreisbremse insgesamt sechs Milliarden Euro an Energiehilfszahlungen für Krankenhäuser bereitgestellt.
Aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise und der großen Abhängigkeit der Krankenhäuser von der Nutzung von Erdgas, ist diese Summe für einen Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. April 2024 vorgesehen. Das Geld wird gestaffelt zu bestimmten Zeitpunkten ausgezahlt.
Vier Milliarden sind als Pauschalzahlungen vorgesehen, die den Krankenhäusern je nach Bettenanzahl ausgezahlt werden. Weitere zwei Milliarden sind abhängig von den Energiekosten der Kliniken. Für die Auszahlung mussten die Bundesländer entsprechende Daten von den Krankenhäusern unter Berücksichtigung bestimmter Fristen an das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) übermitteln. Dieses wiederum ist für die Auszahlung der Beträge an die Krankenhäuser zuständig.
Insgesamt haben die Bundesländer bislang eine Summe von 4,79 Milliarden Euro von den möglichen sechs Milliarden angemeldet, erklärte ein Pressesprecher des BAS dem Deutschen Ärzteblatt. In dieser Summe sind bereits erfolgte Zahlungen, aber auch noch ausstehende Auszahlungen enthalten.
Die ersten vorgesehenen pauschalen 1,5 Milliarden Euro sind dabei fast vollständig geflossen. Das BAS hat eine Summe von knapp 1,5 Milliarden Euro in drei Teilen am 31. Januar 2023, am 28. Februar 2023 und am 31. März 2023 ausgezahlt.
Die höchste Summe ging dabei an Kliniken in Nordrhein-Westfalen (rund 360 Millionen Euro), gefolgt von Bayern (230 Millionen Euro), Baden-Württemberg (164 Millionen Euro), Niedersachsen (126 Millionen Euro) und Hessen (108 Millionen Euro). Dem BAS zufolge erhielten Kliniken in dieser Auszahlung pro Krankenhausbett 3.156,84 Euro. Dementsprechend wurden bundesweit etwa 475.159 Betten gemeldet.
Weitere Auszahlungen stehen bevor
Die Auszahlung der weiteren rund 2,5 Milliarden Euro, die pauschal an die Krankenhäuser gehen, ist ebenfalls geplant. An drei Auszahlterminen soll diese Summe in jeweils gleich großen Teilen an die Kliniken gehen. Der nächste Auszahltermin steht am heutigen 29. September 2023 an. Weitere Überweisungen soll es am 30. November 2023 und am 31. Mai 2024 geben.
In der Summe der rund 4,79 Milliarden Euro sind zudem die Beträge für die Kliniken enthalten, die sich nach dem jeweiligen Energieverbrauch richten. So sind dem BAS zufolge für den Zeitraum von Oktober 2022 bis Dezember 2022 36,72 Millionen Euro ausbezahlt worden.
Für den Zeitraum Januar 2023 bis Dezember 2023 sind insgesamt etwa 758,49 Millionen Euro angemeldet und teilweise bereits ausgezahlt worden. Eine dritte Auszahlung von verbleibenden etwa 284,45 Millionen Euro erfolgt am 9. Oktober.
Eine weitere Tranche, die für den Zeitraum von Januar 2024 bis April 2024 gilt, kann noch bis zum 30. April 2024 angemeldet werden. Allerdings ist kaum damit zu rechnen, dass für diese vier Monate ein Energiemehrverbrauch von rund 1,2 Milliarden Euro angemeldet wird. So viel ist von den versprochenen zwei Milliarden für die energiepreisabhängigen Kosten für diesen Zeitraum demnach noch übrig.
Allerdings gibt es noch eine weitere finanzielle Unterstützung. So sollen die Kliniken Kosten von bis zu 10.000 Euro je Krankenhaus für die verpflichtende Energieberatung erstattet bekommen. Diese Beratung muss bis zum 15. Januar 2024 erfolgt sein. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Energieberatung zwischen dem 1. Dezember 2022 und dem 31. Dezember 2023 durchgeführt worden ist.
Unter Berücksichtigung der aktuell rund 1.900 Krankenhäuser in Deutschland wären das Kosten von weiteren maximal 19 Millionen Euro. Den Nachweis über die Kosten und Durchführung der Energieberatung müssen die Kliniken bis zum 15. Februar 2024 den jeweiligen Landesbehörden vorlegen.
Die Gründe für die vergleichsweise geringe Anmeldequote der energiepreisabhängigen Kosten sind unklar. Die gesetzlich vorgegebene Berechnung der Mehrkosten der Strom- und Gaskosten nach Paragraf 26f Krankenhausfinanzierungsgesetz, um die energiepreisabhängigen Hilfen zu erhalten, könnte zu kompliziert sein. Darauf hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) immer wieder hingewiesen.
Der Fonds sei so berechnet, dass die meisten Fälle nicht berücksichtigt würden, bemängelte die DKG im März. Ein Hauptkritikpunkt der Krankenhäuser ist die Wahl des März 2022 als Vergleichsmonat für die Berechnung der gestiegenen Energiekosten. Damals habe der Markt bereits auf den Krieg gegen die Ukraine reagiert, die Preise waren im Vergleich zu 2021 schon stark gestiegen, so die DKG.
Aus diesen Gründen wurde das Gesetz von Ende 2022 vor einigen Monaten überarbeitet. Zunächst waren von den sechs Milliarden Förderung 1,5 Milliarden als Pauschalzahlungen vorgesehen. Die restlichen 4,5 Milliarden Euro sollten je nach tatsächlichen Energiekosten der Häuser individuell berechnet werden. Aufgrund deutlicher Kritik passte der Gesetzgeber mithilfe des Gesetzes zur Änderung des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz im Sommer 2023 die Regelung an.
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