Umweltverschmutzung verursachte 2015 mindestens neun Millionen Tote

New York – Weltweit kamen 2015 schätzungsweise neun Millionen Menschen durch Umweltverschmutzung zu Tode. Insbesondere Menschen aus Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen waren gefährdet. Zusammen mit Erstautor Philip Landrigan von der Mount Sinai School of Medicine berichtete eine internationale Expertenkomission in The Lancet (2017; doi: 10.1016/S0140-6736(17)32345-0).
Umweltverschmutzung beinhaltet viel Aspekte wie Luftverschmutzung, Verunreinigung von Böden und Gewässern und ein zunehmendes Müllproblem. Die in armen Ländern steigenden COPD-Raten sind unter anderem durch eine massiv zunehmende Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung bedingt. Während oft Infektionskrankheiten, Unterernährung, fehlende Impfungen und mangelhafte Versorgungsstrukturen als weltweit relevante Verursacher von Tod und Erkrankungen gehandelt werden, könnten die Folgen von Umweltverschmutzung unterschätzt werden, so die Autoren.
Daten sollen Entscheidungshilfe sein
Die „Commission on Pollution and Health“, die die Ergebnisse der vorliegenden Studie auswertete, besteht aus mehr als 40 Experten aus dem Feld Epidemiologie und Umweltmedizin. Für die Studie nutzten die Forscher Daten des Global-Burden-of-Disease-(GBD-)Projekts. Das GBD-Projekt ist eine Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Weltbank und der Harvard Universität. Regelmäßig werden im Rahmen des Projekts Daten zu den weltweit bedeutendsten Erkrankungen, Behinderungen und Todesfällen erhoben. Die Daten sollen eine Entscheidungshilfe für politische und gesellschaftliche Verbesserung sein.
Als den wichtigsten Faktor für die Umweltverschmutzung konnten die Forscher die Luftverschmutzung identifizieren. Neben der Verschmutzung durch Industrie und Kraftfahrzeuge kommt die Belastung durch Verbrennung organischer Brennstoffe hinzu. In ärmeren Länder wird häufig noch offenes Feuer zum Kochen oder zur Entsorgung von Haushaltsmüll eingesetzt. Herzinfarkte, Schlaganfälle, COPD und Lungenkrebs sind mögliche Folgeerkrankungen. Die Wissenschaftler schätzen, dass 2015 etwa 6,5 Millionen Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung gestorben sind.
Die Verunreinigung von Gewässern und schlechte Sanitäranlagen begünstigen den Ausbruch von Infektionskrankheiten. Nach den Berechnungen der Forscher entstanden 2015 1,8 Millionen Tote allein durch verunreinigte Gewässer. Durch Belastungen am Arbeitsplatz in der Asbest-, Färbe- und Kohleindustrie starben 800.000 Menschen an Folgeerkrankungen wie Krebs oder einer Silikose. Eine halbe Million Menschen verstarben 2015 laut der Untersuchung durch Bleivergiftungen.
Da die gesundheitlichen Folgen vieler chemischer Verbindungen noch nicht abzusehen sind, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass ihre Schätzungen eher konservativ sind. 92 Prozent der Toten lebten in Schwellen- und Entwicklungsländern, wobei der größte Anteil aus aufstrebenden Ländern wie Indien und China kam.
Die Forscher geben zu Bedenken, dass diese Zahl die jährlichen Gesamttoten durch Tuberkulose, Aids und Malaria um das Dreifache übersteigt. Eine zunehmende Verschmutzung ist somit nicht nur ein Problem für die Umwelt, sondern auch für die in ihr lebenden Menschen. Zu den gesundheitlichen Problemen kämen außerdem noch wirtschaftliche Kosten und soziale Probleme. Politische Maßnahmen, die in wirtschaftlich stark wachsenden Ländern wie China und Indien die Verschmutzung reduzieren, seien daher dringend vonnöten, so die Forscher.
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