Krankenhausreform: Kriterien für fünf weitere Leistungsgruppen stehen fest

Berlin – Erstmals sind im Referentenentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) konkrete Details und Qualitätskriterien zu fünf bestimmten Leistungsgruppen enthalten. Diese sollen zusätzlich zu den Leistungsgruppen, die von der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen (NRW) übernommen werden, etabliert werden. Dazu gehören die Infektiologie, spezielle Kinder- und Jugendchirurgie, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin sowie Notfallmedizin.
Insgesamt 65 Leistungsgruppen sollen im Zuge der Krankenhausreform eingeführt werden. Mit diesen sollen genaue, bundeseinheitliche Kriterien festgelegt werden, um die stationäre Patientenversorgung sicherzustellen.
„Die Qualitätskriterien sollen den aktuellen Stand der medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen und zu einer leitliniengerechten, qualitativ hochwertigen und für Patienten sicheren medizinischen Versorgung beitragen“, heißt es im Entwurf.
Die Kriterien der fünf bestimmten Leistungsgruppen wurden in den vergangenen Monaten von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und ihren Mitgliedsgesellschaften entwickelt.
Für die Leistungsgruppe Infektiologie braucht es der Anlage 2 innerhalb des Referentenentwurfs zufolge mindestens vier Fachärztinnen und -ärzte (Vollzeit) mit mindestens einer 24/7-Rufbereitschaft.
Davon sollen drei Fachärzte der Inneren Medizin und Infektiologie oder in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung mit Zusatzweiterbildung Infektiologie dabei sein. Mindestens eine Person soll aus der Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie mit Zusatzweiterbildung Infektiologie stammen. Alternativ könnte dieser Arzt auch im Bereich Hygiene und Umweltmedizin mit Zusatzweiterbildung Infektiologie ausgebildet sein.
Auch für die benötigte Technik gibt es genaue Vorgaben. So sind mindestens vier Isolationsbetten mit Schleusenfunktion, ein Notfalllabor plus PoC-Laboranalytik sowie einem Zugang zu einem mikrobiologischen Labor, CT, MRT und PET-CT vorgesehen. Auf das Labor, das MRT und das PET-CT könne aber auch über eine Kooperation zugegriffen werden.
Um die Infektiologie als Leistungsgruppe anbieten zu dürfen, müssen am Standort zudem die Leistungsgruppen Allgemeine Innere Medizin oder Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Pneumologie und Allgemeine Chirurgie angeboten werden. In Kooperation braucht es zudem noch die Leistungsgruppen Komplexe Gastroenterologie und Interventionelle Kardiologie. Mindestens über eine Kooperation braucht es zudem eine HIV-Ambulanz.
Um auf die Expertise weiterer Fachbereiche Zugriff zu haben, braucht es dem Entwurf zufolge eine konsiliarische Erreichbarkeit von Montag bis Sonntag zwischen 8 Uhr und 17 Uhr in der Augenheilkunde, HNO, Gynäkologie, Dermatologie und Neurologie. Nötig ist auch das Vorliegen einer Weiterbildungsbefugnis für die Infektiologie für den Facharzt und/oder die Zusatzweiterbildung, ein fachärztlicher oder infektiologischer Konsilservice sowie ein Antibiotic-Stewardship-(ABS)-Team.
Das Krankenhaus muss darüber hinaus für die Erbringung der Leistungsgruppe Infektiologie ein Standort der erweiterten Notfallstufe (Stufe 2) nach den Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sein.
Mehr Fachärztinnen und -ärzte benötigt
Bei den Leistungsgruppen der speziellen Kinder- und Jugendmedizin sowie -chirurgie, gelten höhere Vorhaltekriterien. In beiden Leistungsgruppen müssen mindestens fünf Fachärztinnen und -ärzte arbeiten. Auch für die Leistungsgruppen Notfallmedizin und spezielle Traumatologie braucht es mindestens fünf Fachärzte.
Die Ärzte in der Notfallmedizin sollten in den Fachgebieten Innere Medizin, Chirurgie, Anästhesiologie oder Neurologie weitergebildet sein. Von den fünf benötigten Ärzten braucht es zudem mindestens drei Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin am Standort. Zudem gilt die Voraussetzung, dass die Ärzte zu mindestens 80 Prozent in der Notaufnahme tätig sein müssen.
Zum Vergleich: Die Qualitätskriterien der NRW-Leistungsgruppen, sehen in den meisten Gruppen eine Mindestzahl von drei Fachärzten vor. Für die Interventionelle Kardiologie, Herzchirurgie oder Lungentransplantation werden hingegen jeweils fünf Fachärzte benötigt. Sowohl in der Psychiatrie als auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sieht der Katalog aus NRW lediglich mindestens zwei Fachärzte vor.
Auch in diesem Katalog wird die benötigte Vorhaltung technischer Geräte sowie der genauen benötigten Qualifikationen und weitere Kriterien gelistet. An den Mindestkriterien aus NRW wurde bereits häufiger Kritik geäußert. Diese seien nicht ausreichend, um eine hohe Qualität der Versorgung sicherzustellen, hieß es etwa.
Für die Überprüfung, ob die genannten Kriterien eingehalten werden, ist der Medizinische Dienst laut Referentenentwurf zuständig. Dieser soll ein entsprechendes Gutachten erstellen. Bis zum Vorliegen eines ersten Gutachtens können die Krankenhäuser die Angaben per Selbsteinschätzung machen.
Das Gutachten soll zudem für einen Zeitraum von zwei Jahren als Nachweis der Einhaltung der Kriterien gelten. Krankenhäuser sollen weiter verpflichtet werden, dem Medizinischen Dienst unverzüglich zu melden, sollten sie die Kriterien einer oder mehrerer Leistungsgruppen mehr als einen Monat lang nicht einhalten zu können.
Die Qualitätskriterien sind wichtig für die künftige Betriebskostenfinanzierung. Die geplante Vorhaltevergütung sollen Krankenhäuser erhalten, wenn sie die Qualitätskriterien sowie Mindestvorhaltezahlen grundsätzlich erfüllen. Zudem können Gelder aus dem Transformationsfonds für Vorhaben bezogen werden, die zur Erfüllung der Kriterien erforderlich sind.
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