Ärztliche Diagnosen: Koalition will Manipulation Riegel vorschieben
Berlin – Die Koalition will der Manipulation von ärztlichen Diagnosen einen Riegel vorschieben. Eine Gesetzesnovelle soll künftig verhindern, dass Patienten bei der Abrechnung zum Teil kränker gemacht werden, als sie sind, wie heute aus Koalitionskreisen verlautete. So soll eine „nachträgliche Änderung oder Ergänzung von Diagnosedaten“ und eine zusätzliche Vergütung für Diagnosen verboten sein. Auch eine Beratung der Vertragsärzte durch die Krankenkassen hinsichtlich der „Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ist unzulässig“, wie aus der geplanten Änderung zum Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz hervorgeht.
Damit das Bundesversicherungsamt (BVA) die Abrechnungen überprüfen kann, werden die Krankenkassen zur Zusammenarbeit verpflichtet. Innerhalb einer bestimmten Frist müssen die Krankenkassen Auskünfte und Nachweise insbesondere über die anonymisierten Arztnummern und die abgerechneten Gebührenpositionen liefern.
Kommen Kassen dem nicht nach, kann das BVA ein Zwangsgeld von bis zu zehn Millionen Euro verhängen. Die Rheinische Post hatte zuerst darüber berichtet. Dem Bericht zufolge soll das Gesetz kommende Woche in den Bundestag eingebracht werden.
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach erklärte, die Krankenkassen erhielten ihre Geldzuweisungen nach Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand ihrer Versicherten. „Je kränker und älter eine Person ist, desto höher sind tendenziell die Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich.“ Deshalb versuchten viele Kassen, ärztliche Diagnosen so zu beeinflussen, dass sie möglichst hohe Zuweisungen aus dem System erhalten.
„Dies führt einerseits zu Wettbewerbsverzerrungen, andererseits werden Patientinnen und Patienten oft kränker gemacht, als sie sind, um Geld aus dem Risikostrukturausgleich zu kassieren“, erklärte Lauterbach. Er sprach von einem „unhaltbaren Zustand“. Aussagen des Chefs der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, über Manipulationen von Diagnosen hatten im vergangenen Jahr für Wirbel gesorgt.
Baas sprach damals in einem Zeitungsinterview über einen Wettbewerb der Kassen darüber, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren. Die Kassen zahlten Baas zufolge zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn diese den Patienten auf dem Papier kränker machten. Dadurch gebe es mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich (RSA).
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: