Transparenzverzeichnis: Sachverständige sprechen sich für Einbindung weiterer Daten aus

Berlin – Um die stationäre Versorgung künftig transparenter darzustellen und damit Patienten die Entscheidung zu erleichtern, welche Klinik die richtige für sie ist, plant der Bund einen interaktiven Klinikatlas. Den zugrunde liegenden Gesetzentwurf des Krankenhaustransparenzgesetzes debattierten heute Sachverständige im Gesundheitsausschuss des Bundestags.
Die Sachverständigen schlugen dabei die Veröffentlichung weiterer Daten vor, die über die bislang geplanten Daten hinausgehen. Das Transparenzverzeichnis soll dem Gesetzentwurf zufolge künftig Fallzahlen von Leistungen (differenziert nach 65 Leistungsgruppen), vorgehaltenes ärztliches und pflegerisches Personal im Verhältnis zum Leistungsumfang, Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe sowie eine Zuordnung der einzelnen Krankenhausstandorte zu Versorgungsstufen (Level) zum 1. April 2024 veröffentlichen.
Etwa Merkmale wie zertifizierte Krebszentren müssten aber ebenfalls mit als Qualitätskriterium aufgenommen werden, forderten heute Christian Günster vom Wissenschaftlichen Institut der AOK sowie der Vorstandsvorsitzende der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser (AGK), Matthias Bracht.
Auch operateursbezogene Behandlungszahlen müssten künftig veröffentlicht werden, so Günster sowie der Einzelsachverständige Christian Karagiannidis, der auch Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus ist. Der Verband der Universitätsklinika setzte sich für eine Ausweisung von risikoadjustierten Kennzahlen ein.
Wichtig seien darüber hinaus Behandlungsergebnisse, nicht nur für die Behandlung innerhalb des stationären Aufenthaltes, sondern auch noch für die Zeit danach, so Günster. So seien etwa Patientinnen und Patienten, die ein künstliches Gelenk bräuchten, daran interessiert, wie lange diese Prothese auch Jahre später noch halte, so Günster.
Weiter sollten auch weitere Berufsgruppen im Transparenzverzeichnis sowie die Leiharbeitsquote im pflegerischen und ärztlichen Bereich erfasst werden, forderten unter anderem Manfred Gogol von Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Johannes Wolff vom GKV-Spitzenverband, aber auch der Einzelsachverständige Karagiannidis sowie der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Dieser pochte außerdem auf die Einbeziehung des ärztlichen Personalbemessungsinstruments, das die BÄK derzeit entwickle.
Vor allem um mögliche bürokratische Belastungen sorgten sich einige Sachverständige. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte vor einer Mehrbelastung. Bürokratischer Aufwand ließe sich vermeiden, wenn hauptsächlich Daten verwendet würden, die in Qualitätssicherungsverfahren bereits erhoben würden, schlug Günster vor.
Damit Ärztinnen und Ärzte ihre Patienten künftig besser informieren können, welches Krankenhaus für sie infrage kommt, brauche es außerdem eine Schnittstelle des Transparenzverzeichnisses an die Praxisverwaltungssysteme, forderte Johannes Strotbek von der Weissen Liste.
70 Prozent der Menschen wollen Strotbek zufolge entsprechend von ihrem Arzt oder Ärztin informiert werden. Zudem möchten zwei Drittel der Menschen, dass diese Daten in ihrer elektronischen Patientenakte zur Verfügung gestellt werden. Deshalb brauche es auch hier eine entsprechende Verknüpfung, so Strotbek.
Frank Heimig, Geschäftsführer vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), wies daraufhin, dass die gesetzlich vorgegebenen Fristen sehr kurz bemessen seien. Geplant ist, dass das Transparenzverzeichnis zum 1. April 2024 veröffentlicht wird. Vorgesehen ist, dass die Krankenhäuser entsprechende Daten erstmalig zum 15. Januar 2024 an das InEK übermitteln müssen, die dann in das Verzeichnis einfließen sollen.
Heimig plädiert dafür, den regulären Datenübermittlungstermin jeweils zum 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr laut Paragraf 21 Krankenhausentgeltgesetz, zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt müssten die Krankenhäuser bereits heute viele Strukturdaten und Informationen etwa zum Pflegepersonal an das InEK übermitteln.
Heimig zufolge benötigen die Softwarehersteller und Krankenhausinformationssysteme zudem etwa vier bis fünf Monate, um ihre Systeme anzupassen, so dass die Übermittlung garantiert werden könne. Die Verschiebung der Meldung der Krankenhäuser auf den 31. März würde dazu führen, dass das Transparenzgesetz zwei Monate später, also zum 1. Juni 2024, veröffentlicht werden könne.
Er wies zudem daraufhin, dass die ursprünglich angedachte Zuordnung der Personalzahlen auf Leistungsgruppen sehr schwierig sei. Auf einer Station würden künftig verschiedene Leistungsgruppen angeboten. Da sei es sehr mühselig, Ärztinnen und Ärzte zu einzelnen Gruppen zuzuweisen, so Heimig.
Im aktuellen Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass der Personalschlüssel per Fachabteilung angegeben werden soll. Langfristig soll aber die Zuordnung zu Leistungsgruppen erfolgen, damit die Kriterien der Leistungsgruppen bundesweit gleich sind und überprüft werden kann, welche Krankenhäuser diese Kriterien erfüllen können oder nicht.
Der unparteiische Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, sorgt sich um die neue Aufgabenverteilung. Demnach soll sich das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) künftig um die Datenzusammenführung für das Transparenzverzeichnis kümmern. Das Institut habe allerdings auch viele andere Aufgaben, die es für den G-BA erfüllen müsse.
Diese müssten weiterhin ausreichend erbracht werden können, forderte Hecken. Er warnte vor möglichen „Kollateralschäden“. Zudem kritisierte er, dass die neuen Aufgaben über den Systemzuschlag der Selbstverwaltung finanziert werden sollen. „Wer Leistung bestellt, sollte auch bezahlen“, forderte Hecken in Richtung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).
Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), kritisierte den Entwurf entsprechend. „Dieses Gesetz ist ein Angriff auf die gemeinsame Selbstverwaltung und bahnt den Weg in eine unmittelbar, bis ins Detail staatlich gelenkte Gesundheitsversorgung“, sagte Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV heute. Dadurch werde die Gesundheitsversorgung von der gemeinsamen Selbstverwaltung entkoppelt. Denn das Bundesgesundheitsministerium will mit diesem Gesetz den G-BA umgehen und direkt auf das IQTIG zugreifen, ohne aber selbst dafür zu bezahlen oder für die Ergebnisse zu haften, so die Kritik.
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