AOK fordert gesetzliche Maßnahmen zur Zuckerreduktion

Berlin – Die nationale Reduktionsstrategie bleibt bislang bei Zucker in Lebensmitteln deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das erklärte der AOK-Bundesverband heute auf dem dritten von der Krankenkasse veranstalteten Zuckerreduktionsgipfel nach der Vorstellung erster Zwischenergebnisse durch das Max-Rubner-Institut (MRI).
Gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BKJV) sowie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) fordert der AOK-Bundesverband gesetzliche Maßnahmen wie eine Zuckersteuer.
„Wenn wir die gesundheitlichen bedenklich hohen Zuckersätze senken wollen, kommen wir mit Apellen nicht mehr weiter“, erklärte Vorstandsvorsitz Martin Litsch. Neben einem Werbeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel brauche es weitere verbindliche Instrumente. „Eine Herstellerabgabe auf zuckergesüßte Erfrischungsgetränke würde das leisten“, so Litsch.
„Kinder und Jugendliche trinken im Durchschnitt bis zu einem halben Liter zuckergesüßte Erfrischungsgetränke pro Tag. Im Europavergleich liegt Deutschland damit auf dem dritten Platz“, erklärte Sigrid Peter, Vizepräsidentin des BVKJ, in einer gemeinsamen Mitteilung. „Das ist erschreckend, vor allem, wenn man die gesundheitlichen Folgen sieht, mit denen wir Pädiater tagtäglich in unseren Praxen konfrontiert sind.“
Bei den ersten Zwischenergebnissen der nationalen Reduktionsstrategie, die MRI-Präsident Pablo Steinberg vorstellte, war in der Produktgruppe der zuckerhaltigen Erfrischungsgetränke zwar eine „statistisch signifikante Zuckerreduktion“ zwischen den Jahren 2018 und 2019 festzustellen. Im Mittel enthielten sie aber immer noch 6,2 Gramm Zucker auf hundert Milligramm, zuvor waren es 6,5 Gramm.
Ein etwas deutlicherer Rückgang war den Angaben zufolge bei den Getränken mit Kinderoptik zu verzeichnen. Im Vergleich zu 7,7 Gramm Zucker auf 100 Milliliter im Jahr 2018 enthielten diese Produkte 2019 im Schnitt noch fünf Gramm Zucker auf 100 Milliliter.
Frühstückscerealien haben immer noch einen zu hohen Zuckeranteil
Immer noch deutlich zu viel Zucker enthält laut Zwischenbilanz die Produktgruppe der Frühstückscerealien – trotz statistisch signifikanter Reduktion. Knusprige Getreideerzeugnisse mit Schokolade, die speziell für Kinder vermarket werden, enthalten demnach weiterhin 24 Gramm Zucker auf 100 Gramm. Die Wissenschaftler des MRI hatten für die Cerealien zuletzt 2016 Daten erhoben. Hier hatten Schokoknusperprodukte noch knapp 29 Gramm Zucker auf 100 Gramm enthalten.
Auch den Zuckergehalt von gesüßten Quark- und Joghurtzubereitungen hatte das MRI sowohl 2016 und 2019 erfasst. Trotz jeweils signifikanter Reduktionen enthalten die Produkte mit spezieller Kinderoptik weiterhin jeweils mehr als zehn Gramm Zucker auf 100 Gramm.
DDG-Präsidentin Monika Keller äußerte sich in einer Mitteilung wenig überrascht: „Es wird deutlich, dass die freiwilligen Verpflichtungen der Lebensmittelindustrie leider unzureichend sind, um eine messbare und zielführende Zuckerreduktion zu erreichen“. Auch sie verwies auf mögliche Steuermodelle und nannte Großbritannien als Positivbeispiel.
Die Arbeitgebergruppe im Aufsichtsrat des AOK-Bundesverbandes ruderte indes zurück. Die Forderungen des Vorstandsvorsitzenden Litsch nach einer Zuckersteuer seien nicht mit dem Aufsichtsrat diskutiert worden.
Man sehe den eigenverantwortlichen Mensch, nicht Bevormundung und Bestrafung im Mittelpunkt des Handelns, erklärte die Arbeitgebergruppe in einer unabhängigen Mitteilung. Eine Zuckersteuer lehnten die AOK-Arbeitgeber ab.
Ein ähnlicher Konflikt wird seit Jahren auch zwischen den Parteien der Regierungskoalition ausgetragen. Zuletzt hatten sich die Unions-Parteien bei der nationalen Diabetesstrategie mit ihrer Position durchgesetzt, dass man keine Verbote aussprechen oder Strafsteuern verhängen wolle. Vertreter der SPD hatten sich für Werbeverbote und Zuckersteuern eingesetzt.
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