Arzneimittelengpässe: Grüne wollen Meldepflichten ausweiten

Berlin – Angesichts anhaltender Lieferprobleme bei Arzneimitteln setzen sich die Grünen im Bundestag dafür ein, bestehende Meldepflichten für Lieferengpässe auszuweiten und ein zentrales Register beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu schaffen. Das geht aus einem Papier der Arbeitsgruppe Gesundheit der Grünen hervor, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Eine Meldepflicht sollte den Grünen zufolge künftig nicht nur wie bisher für Engpässe bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln gelten, sondern auf alle Medikamentenengpässe ausgeweitet werden. Aus Sicht der Grünen kommt dem pharmazeutischen Großhandel dabei eine besondere Rolle zu.
Dieser soll Informationen über die Verfügbarkeit der Arzneimittel, der Packungsgrößen und Darreichungsformen an das Register übermitteln. Auch soll der Großhandel Daten zu Lieferschwierigkeiten oder Nicht-Lieferbarkeit seitens der Hersteller sowie Daten zu Veränderungen der Vorratsbestände an das Register melden. Für Monitoring und die Meldungen soll der Großhandel vergütet werden.
Als weiterführende Regelungen schlagen die Grünen vor, die Handlungskompetenz des BfArM weiter zu stärken. Die Behörde soll zum Beispiel einen Einfluss auf die Bevorratung erhalten und im Zweifel Exportverbote erlassen können.
Darüber hinaus wollen die Grünen die produktions- oder betriebsbedingte Nicht-Lieferfähigkeit der Hersteller sanktionieren. Es müssten aber auch Anreize geschaffen werden, um vor allem Wirkstoff-Produktionen wieder vermehrt in der EU anzusiedeln, heißt es in dem Papier weiter.
Diskutiert werden sollten darüber hinaus neue und innovative Vergütungsmodelle, „wie zum Beispiel globale Forschungsfonds, die das Risiko für Arzneimittelhersteller absenken, nicht nur für den Indikationsbereich der Seltenen Erkrankungen“.
Rückendeckung für Rabattsystem
Ziel sei „eine gesteigerte Transparenz im Liefergeschehen von Arzneimitteln", sagte Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflegepolitik, der Bild. Das sei „der erste Schritt zur Besserung.“ Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, Kirsten Kappert-Gonther und Bettina Hoffmann sind als Autoren des Papiers verzeichnet.
In dem Papier sprechen sich die Grünen auch für den Erhalt des bestehenden Rabattvertragssystems aus. „Wir sind der Meinung, dass das derzeitige Rabattvertragssystem ein effektives Mittel ist, um im Interesse der Versicherten eine wirtschaftliche Versorgung mit Arzneimitteln zu erreichen“, heißt es.
Darüber hinaus seien die Rabattverträge „kein geeigneter Ansatzpunkt, um die Engpass-Problematik zu lösen“. Die Industrie hatte zuletzt die Rabattverträge immer wieder als eine Ursache für Lieferengpässe ins Feld geführt.
Seit Jahren kommt es bei Medikamenten und Impfstoffen immer wieder zu Engpässen. Betroffen waren in der Vergangenheit unter anderem Krebsmittel, Antibiotika, Schilddrüsenhormone und ein Windpockenimpfstoff.
Das Problem hat sich nach Angaben des Deutschen Apothekerverbands (ABDA) in den vergangenen Jahren ausgeweitet. Ende Dezember 2019 listete das BfArM mehr als 260 Arzneimittel mit Lieferschwierigkeiten auf, wobei Impfstoffe nicht berücksichtigt waren.
Mitte November hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Schritte zur Bekämpfung des Problems angekündigt. Der Bund will demnach bei der Verteilung von Medikamenten stärker eingreifen als bisher und zudem auf internationaler Ebene nach Lösungen suchen.
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