Ärzteschaft

Bundesärztekammer für dringende Nachbesserungen an Reform der Psychotherapeuten­ausbildung

  • Donnerstag, 26. September 2019
/Chinnapong, stock.adobe.com
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Berlin – Heute Abend will der Bundestag die Reform der Psychotherapeutenausbildung beschließen. Die Bundesärztekammer (BÄK) stellte erneut klar, dass drin­gend Nachbesserungen notwendig sind.

Mit der Reform soll es Abiturienten künftig möglich sein, direkt ein Universitätsstudium der Psychotherapie zu absolvieren. Im Anschluss an ein dreijähriges Bachelor- und ein zwei­jähriges Masterstudium sollen Absolventen­ nach einer staatlichen Prüfung­ bereits die Approbation beantragen können. Danach folgt wie in anderen Heilberufeneine Wei­ter­bildung, in der sich die Absolventen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen und in einem Psychotherapieverfahren spezialisieren.

„Wir sorgen für eine moderne und attraktive Ausbildung – das ist gut für Therapeuten und Patienten gleichermaßen“, hatte Bundesgesund­heits­minister Jens Spahn (CDU) erklärte heute Mittag vor der Presse in Berlin. Zudem schaffe man ein maßgeschneidertes Be­hand­lungs­angebot für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen.

Die BÄK ist anderer Meinung. „Zwar wurden bei den parlamentarischen Beratungen wich­tige Kritikpunkte der Ärzte­schaft aufgegriffen. Das ändert aber nichts daran, dass dieses Gesetz nicht die Vorausset­zun­gen schafft, die unzureichende Vergütungssituation von Ab­solventen in der postgra­dua­len Qualifikation sicher zu beseitigen“, kritisierte Heidrun Gitter, Vizepräsidentin der BÄK und Vorstandsbeauftragte für die ärztliche Psychotherapie.

Berufliche Tätigkeiten noch unklar

Damit werde ein wichtiges Ziel der Reform verfehlt. Der Gesetzgeber habe sich nicht auf eine Lösung der eigentlichen Probleme in der bisherigen Ausbildung Psychologischer Psy­chotherapeuten (PP) sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) konzen­triert. Stattdessen führe das Gesetz zu weitreichenden und für die Versorgungssicherheit der betroffenen Patienten problematischen Änderungen.

Aus Sicht der Bundesärztekammer ist nach wie vor auch unklar, für welche berufliche Tä­tigkeit die Bachelor- und Masterabschlüsse jeweils qualifizieren und welche Bezeichnung die Absolventen dieser Studiengänge tragen sollen.

Die BÄK warnt zudem davor, dass vor der Erteilung der Approbation kein Praktisches Jahr oder zumindest ein Praxissemester durchlaufen werden soll. Dies sei weder im Interesse der Versorgungsqualität noch des Patientenschutzes. Die fehlende Praxisphase und die fehlende einheitliche schriftliche Abschlussprüfung am Ende des Studiums gefährdeten den Wert der angestrebten Approbation.

WissenschaftlicherHintergrund nicht zu erkennen

Weiterhin kritisch sieht die BÄK die Verkürzung der bisherigen Berufsbezeichnungen PP und KJP auf die Bezeichnung „Psychotherapeut“ in dem Gesetz. Ärzte können den Zusatz „ärztlicher Psychotherapeut“ ver­wen­den. Die BÄK weist darauf hin, dass der Begriff „Psy­chotherapeut“ auch Ärzte mit einer ent­spre­chenden Weiterbildung umfasst. Diese Fach­ärzte stellten die ganz­heitliche psychotherapeutische Versorgung in wesentli­chem Um­fang sicher, betonte Gitter.

Es sei „völlig unverständlich, warum Öffentlichkeit und Patienten nicht den wissenschaft­lichen Hintergrund der Qualifikation, nämlich die Psychologie, erkennen können sollen“, sagte sie. Der Gesetzgeber sollte sich klar zu einer breiten wissenschaftlichen Grundaus­bildung in der Psychologie im Bachelorstudium als Fundament der neuen Ausbildung be­kennen, fordert die BÄK.

„Wesentlich ist für uns auch der Fortbestand des Wissenschaftlichen Beirats Psychothera­pie (WBP) als ein bewährtes, von den psychotherapeutisch tätigen Berufsgruppen paritä­ti­sch besetztes wissenschaftliches Gremium“, sagte Gitter. Der WBP ermögliche eine bun­deseinheitliche, evidenzbasierte Anerkennungspraxis.

Unklar sei, auf welcher Basis die wissenschaftliche Anerkennung eines psychotherapeu­tischen Verfahrens von „der zuständigen Behörde“ festgestellt werden soll, wie es im Ge­setzentwurf zur Reform der Psychotherapeutenausbildung heißt (§ 8). „Die Abgeordneten sollten den Mut haben, das Gesetz zur Überarbeitung zurückzugeben“, forderte die Vize­präsidentin der Bundesärztekammer.

PB

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