Bundesärztekammer für dringende Nachbesserungen an Reform der Psychotherapeutenausbildung

Berlin – Heute Abend will der Bundestag die Reform der Psychotherapeutenausbildung beschließen. Die Bundesärztekammer (BÄK) stellte erneut klar, dass dringend Nachbesserungen notwendig sind.
Mit der Reform soll es Abiturienten künftig möglich sein, direkt ein Universitätsstudium der Psychotherapie zu absolvieren. Im Anschluss an ein dreijähriges Bachelor- und ein zweijähriges Masterstudium sollen Absolventen nach einer staatlichen Prüfung bereits die Approbation beantragen können. Danach folgt wie in anderen Heilberufeneine Weiterbildung, in der sich die Absolventen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen und in einem Psychotherapieverfahren spezialisieren.
„Wir sorgen für eine moderne und attraktive Ausbildung – das ist gut für Therapeuten und Patienten gleichermaßen“, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte heute Mittag vor der Presse in Berlin. Zudem schaffe man ein maßgeschneidertes Behandlungsangebot für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen.
Die BÄK ist anderer Meinung. „Zwar wurden bei den parlamentarischen Beratungen wichtige Kritikpunkte der Ärzteschaft aufgegriffen. Das ändert aber nichts daran, dass dieses Gesetz nicht die Voraussetzungen schafft, die unzureichende Vergütungssituation von Absolventen in der postgradualen Qualifikation sicher zu beseitigen“, kritisierte Heidrun Gitter, Vizepräsidentin der BÄK und Vorstandsbeauftragte für die ärztliche Psychotherapie.
Berufliche Tätigkeiten noch unklar
Damit werde ein wichtiges Ziel der Reform verfehlt. Der Gesetzgeber habe sich nicht auf eine Lösung der eigentlichen Probleme in der bisherigen Ausbildung Psychologischer Psychotherapeuten (PP) sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) konzentriert. Stattdessen führe das Gesetz zu weitreichenden und für die Versorgungssicherheit der betroffenen Patienten problematischen Änderungen.
Aus Sicht der Bundesärztekammer ist nach wie vor auch unklar, für welche berufliche Tätigkeit die Bachelor- und Masterabschlüsse jeweils qualifizieren und welche Bezeichnung die Absolventen dieser Studiengänge tragen sollen.
Die BÄK warnt zudem davor, dass vor der Erteilung der Approbation kein Praktisches Jahr oder zumindest ein Praxissemester durchlaufen werden soll. Dies sei weder im Interesse der Versorgungsqualität noch des Patientenschutzes. Die fehlende Praxisphase und die fehlende einheitliche schriftliche Abschlussprüfung am Ende des Studiums gefährdeten den Wert der angestrebten Approbation.
WissenschaftlicherHintergrund nicht zu erkennen
Weiterhin kritisch sieht die BÄK die Verkürzung der bisherigen Berufsbezeichnungen PP und KJP auf die Bezeichnung „Psychotherapeut“ in dem Gesetz. Ärzte können den Zusatz „ärztlicher Psychotherapeut“ verwenden. Die BÄK weist darauf hin, dass der Begriff „Psychotherapeut“ auch Ärzte mit einer entsprechenden Weiterbildung umfasst. Diese Fachärzte stellten die ganzheitliche psychotherapeutische Versorgung in wesentlichem Umfang sicher, betonte Gitter.
Es sei „völlig unverständlich, warum Öffentlichkeit und Patienten nicht den wissenschaftlichen Hintergrund der Qualifikation, nämlich die Psychologie, erkennen können sollen“, sagte sie. Der Gesetzgeber sollte sich klar zu einer breiten wissenschaftlichen Grundausbildung in der Psychologie im Bachelorstudium als Fundament der neuen Ausbildung bekennen, fordert die BÄK.
„Wesentlich ist für uns auch der Fortbestand des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP) als ein bewährtes, von den psychotherapeutisch tätigen Berufsgruppen paritätisch besetztes wissenschaftliches Gremium“, sagte Gitter. Der WBP ermögliche eine bundeseinheitliche, evidenzbasierte Anerkennungspraxis.
Unklar sei, auf welcher Basis die wissenschaftliche Anerkennung eines psychotherapeutischen Verfahrens von „der zuständigen Behörde“ festgestellt werden soll, wie es im Gesetzentwurf zur Reform der Psychotherapeutenausbildung heißt (§ 8). „Die Abgeordneten sollten den Mut haben, das Gesetz zur Überarbeitung zurückzugeben“, forderte die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer.
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