Gesünderes Schulessen würde nur wenige Cent mehr kosten

Berlin – Vier Cent zusätzlich würden ausreichen, um das Schulessen nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zuzubereiten, anstelle eines vor Ort gekochten Menüs (Mischküche). Das sind Ergebnisse einer Studie, die die DGE im Auftrag des Bundesernährungsministeriums durchgeführt und heute beim Bundeskongress Schulverpflegung in Berlin vorgestellt hat. Derzeit setzten nur die wenigsten Bundesländer DGE-Standards verpflichtend um. Kritiker werfen dem Staat beim Schulessen Versäumnisse vor.
Über gesundes Schulessen informierte heute auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die deutschen Kommunen bezuschussen die Ausgabe von Schulverpflegung demnach mit bis zu 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Klöckner bezeichnete das finanzielle Engagement der Gemeinden als „enorme Leistung“. Ihr Ministerium werde die Kommunen künftig noch mehr dabei unterstützen, Schulverpflegung in gesunder Qualität anzubieten. Der Bund werde seine Mittel für entsprechende Beratungs- und Vernetzungsstellen ab 2019 auf zwei Millionen Euro pro Jahr verdoppeln, erklärte Klöckner.
Mit den Ergebnissen zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS) legt die DGE neben Modellrechnungen zu Kosten für die Bereitstellung der Schulessen erstmals Daten vor, welche Kosten beim Schulträger für Verwaltungsaufgaben rund um die Schulverpflegung entstehen. An der KuPS-Befragung zur Organisation der Schulverpflegung haben bundesweit 488 Schulträger teilgenommen.
Demnach muss ein Mittagessen nach den DGE-Qualitätsstandards für Schulverpflegung nur vier Cent teurer sein als ein anderes. Als Vergleich hatte die DGE eine Modellrechnungen für eine Grundschule erstellt, in der täglich 200 Essen vor Ort für 5,40 Euro pro Mahlzeit gekocht werden (Mischküche). „Allerdings heißt das nicht, dass das Essen dort für 5,40 angeboten wird“, teilt die DGE mit. In der KuPS-Studie wurde ermittelt, dass der durchschnittliche Abgabepreis zwischen 1,20 und 6,60 Euro liegt, im Durschnitt also bei 3,43 Euro.
Würde man parallel die Kantineneffizienz verbessern oder zusätzliche Essen ausgeben, wäre die gesündere Ernährung sogar kostenneutral möglich. Standards der DGE zur Schulverpflegung sehen unter anderem Empfehlungen zum Speiseplan vor. Dazu gehört unter anderem, täglich Gemüse anzubieten sowie nicht mehr als zweimal in der Woche Gerichte mit Fleisch oder Wurst zu kochen. Mindestens einmal in der Woche sollte zudem Fisch zubereitet werden.
Zu wenige Schulen orientieren sich an den Qualitätsstandards der DGE
„Es ist ein Skandal, dass diese Kriterien gut zehn Jahre später noch immer an den meisten Schulen ignoriert werden“, kritisierte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker im August dieses Jahres. Bei der Schulverpflegung offenbare sich ein verheerendes Staatsversagen. Nur drei Bundesländer – Berlin, Bremen und das Saarland – haben die Vorgaben der DGE zu verpflichtenden Kriterien zumindest bei Neuausschreibungen für die Schulverpflegung gemacht. Eine verpflichtende Umsetzung des DGE-Qualitätsstandards in Kitas erfolgt in Mecklenburg-Vorpommern sowie Bremen.
Klöckner warb für die flächendeckende Anwendung der DGE-Standards an allen Schulen. „Wenn nur ein einstelliger Centbetrag den Unterschied macht, dann darf es keine Ausreden mehr geben“, erklärte sie. Ihr Ministerium werde die Bemühungen gezielt unterstützen. Die DGE würde eine verbindliche Umsetzung ihrer Qualitätsstandard für die Verpflegung in Tageseinrichtungen und Schulen begrüßen, teilt sie dem Deutschen Ärzteblatt mit.
Laut Studie bezuschussen fast 27 Prozent der deutschen Kommunen die Preise für das Mittagessen in Schulen direkt, weitere 29 Prozent stellen auf eigene Kosten das Ausgabepersonal bereit. 56 Prozent tragen die Betriebskosten wie Strom und Wasser. 95 Prozent bezahlen zudem das Mobiliar. In Deutschland sind die Kommunen die Schulträger.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert indes, dass der Kostendruck sinken müsse: Vorgeschlagen wurde, an Schulen und Kitas einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben statt wie bisher 19 Prozent anzusetzen. Daneben fordert die NGG die Einführung eines Schulfachs „Ernährung“, um bewussteren Umgang mit Lebensmitteln zu fördern.
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