Politik

Ablehnung eines Vergewaltigungs­opfers: Aufklärung läuft noch

  • Mittwoch, 23. Januar 2013
Uploaded: 23.01.2013 16:50:23 by mis
Barbara Steffens sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf © dpa

Bonn – Bei dem Skandal um die Ablehnung eines mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers durch zwei katholische Kliniken in Köln hat das nordrhein-westfälische Gesundheits­ministerium ein Zwischenfazit gezogen. „Der Krankenhausträger konnte zwischenzeitlich unter anderem durch Vorlage einer internen ethischen Bewertung vom 7. November 2012 deutlich machen, dass die Ablehnung der Aufnahme der Frau auch dem Selbst­verständnis des Trägers widerspricht“, sagte ein Sprecher des Ministeriums heute.

Die Handlungsanweisungen des Trägers der Kliniken sähen zur Versorgung vergewal­tigter Frauen die medizinische Behandlung, Pflege, seelsorgerische und psychologische Betreuung, Spurensicherung sowie Information und Aufklärung über alle weiteren Behandlungsmöglichkeiten vor, um die Betroffenen in die Lage zu versetzen, autonom eine Entscheidung über weitere Maßnahmen zu treffen. Die Verschreibung und Abgabe einer Notfallkontrazeption („Pille danach“) sei jedoch nicht möglich.

Am 15. Dezember 2012 hatte eine Notärztin zwei katholische Krankenhäuser in Köln um eine gynäkologische Untersuchung eines mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers zur Beweissicherung gebeten. Die telefonische Nachfrage lehnten die Kliniken mit dem Hinweis auf die Unvereinbarkeit der Verordnung einer „Pille danach“ mit den Grundsätzen der katholischen Kirche ab.

Grundsätzliche Ablehnung nicht gerechtfertigt
„Die grundsätzliche Ablehnung der Verordnung einer ‚Pille danach‘ rechtfertigt aber die Ablehnung notwendiger Maßnahmen bei Frauen, die mutmaßlich Opfer einer Verge­waltigung geworden sind, nicht“, so das NRW-Ministerium. Nach den Vorschriften des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW dürfe kein Krankenhaus notfallmäßig notwendig werdende medizinische Behandlungen verweigern – unabhängig von seinem nach der Krankenhausplanung des Landes NRW zugewiesenen Versorgungsauftrag.

Aus den bisher dem Ministerium vorliegenden Stellungnahmen des Krankenhausträgers zum Sachverhalt sei aber nicht erkennbar, dass der Krankenhausträger sich nach krankenhausaufsichtsrechtlichen Prinzipien pflichtwidrig verhalten habe. Der Träger habe aufgrund des Vorfalls Schritte eingeleitet, seine interne Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern zu verbessern und sich die Kenntnisnahme von Handlungsanweisungen und Grundsätzen von jedem Mitarbeiter schriftlich bestätigen zu lassen.

Diese Entlastung gelte aber nicht für das ärztliche Personal: Das Ministerium wies darauf hin, dass die Approbationsbehörde und die zuständige Ärztekammer die berufs- und approbationsrechtlichen Konsequenzen für das ärztliche Personal prüfen werde.

Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis90/Die Grünen) sieht nach dem Vorfall weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf: „Eine Frau, die nach einer Vergewaltigung in einem Krankenhaus zur stationären Behandlung aufgenommen wird, muss dort die Möglichkeit erhalten, selbstbestimmt über die Einnahme einer ‚Pille danach‘ zu entscheiden“, sagte sie. Sofern ein Krankenhaus nicht von sich aus bereit sei, dieses Angebot im Rahmen der Versorgung von Vergewaltigungsopfern sicherzustellen, müsse geprüft werden, wie eine umfassende Versorgung auf anderen Wegen sicherzustellen sei.

Unterdessen kündigte der Sprecher der Cellitinnen-Stiftung, Christoph Leiden, an, dass die Kliniken ihre Ethikrichtlinien so umformulieren, dass sie vom medizinischen Personal besser verstanden werden. Die Richtlinien würden so überarbeitet, dass sie in eine „Verfahrensanweisung” münden, die von allen diensthabenden Ärzten verstanden werde. Ziel sei es, eine „nachvollziehbare und zertifizierte Sicherheit” zu schaffen. In den Ethikrichtlinien war empfohlen worden, Vergewaltigungsopfer zu behandeln und zu beraten, ihnen aber nicht die „Pille danach” zu empfehlen oder zu verschreiben. Dies hatten einige Mediziner offenbar so interpretiert, dass sie eine Beratung komplett ablehnten.

hil

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