Ärzte empört über Kassenforderung nach Honorarkürzung
Berlin – Forderungen der gesetzlichen Krankenversicherungen nach einer Absenkung der Honorare für ambulante Leistungen um rund 2,2 Milliarden Euro haben im Vorfeld eines Treffens von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und dem Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) für Empörung bei den Ärzten gesorgt. Hintergrund ist ein aktuelles Gutachten, das der GKV-Spitzenverband beim Forschungsinstitut Prognos in Auftrag gegeben hatte und das belegen soll, dass die Einkommen in den Arztpraxen in Deutschland seit 2008 zu stark gestiegen seien. Als Konsequenz haben die Krankenkassen nun eine Absenkung der ärztlichen Vergütung gefordert.
In einer gemeinsamen Erklärung weisen zwölf Berufsverbände daraufhin, dass sie eine vom Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) geforderte Honorarkürzung für das Jahr 2013 „auf keinen Fall akzeptieren werden“. Für den Fall, dass der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) tatsächlich die Vergütungen für ärztliche Leistungen kürzt, kündigten sie „gemeinsame Aktionen“ an. An der gemeinsamen Erklärung haben sich unter anderem der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI), der Berufsverband der Frauenärzte (BvF), Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und der Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) beteiligt.
„Mit der Ankündigung, die Honorare der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland für das kommende Jahr absenken zu wollen, hat der GKV-Spitzenverband den Bogen überspannt", kommentierten die Vorstände der in der Freien Allianz der Länder-KVen (FALK) verbundenen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern die Reaktionen der Berufsverbände. Die Forderung des GKV-Spitzenverbands ist laut den FALK-Vorständen „so absurd wie unverschämt“.
Auch weitere Verbände protestierten gegen die Kassenpläne: „Die Absicht der Krankenkassen, den Orientierungspunktwert zu senken und damit die Vergütung der Praxisärzte um sieben Prozent zu kürzen, ist ein klarer Gesetzesverstoß“, erklärte der Bundesvorsitzende des NAV-Virchowbundes, Dirk Heinrich. Wer, wie die Kassen, derart auf Konfrontationskurs gehe, dürfe sich nicht wundern, wenn in wenigen Wochen wieder Tausende von Ärzten in Berlin auf die Straßen gingen, warnte er.
Als eine Gefährdung des sozialen Friedens bezeichnete der Hartmannbund die Kassenforderungen. „Es ist geradezu absurd, wenn die Gesetzlichen Krankenkassen sich immer wieder als angebliche Anwälte ihrer Versicherten aufspielen, gleichzeitig aber trotz Ärztemangel und demografischer Entwicklung über eine Absenkung der für die Versorgung zur Verfügung stehenden Mittel lamentieren“, sagte der HB-Vorsitzende Klaus Reinhardt.
Kritik kam auch vom Deutschen Hausärzteverband. „Die Forderung nach Absenkung der ärztlichen Honorare in einer alternden Gesellschaft mit einem immer höheren Anteil an chronisch Kranken bei gleichzeitig prall gefülltem Portemonnaie der Kassen ist eine Verhöhnung der Ärzte“, sagte dessen Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt.
Von „unerhörten Forderungen“ seitens des Spitzenverbands sprach der Vorsitzende des Medi-Verbundes, Werner Baumgärtner, in einem bundesweiten Rundschreiben an die Niedergelassenen. Darin verweist er darauf, dass der Medi-Verbund das Streikrecht für Niedergelassene anstrebe und einen in diesem Zusammenhang geplanten „Warnstreik“ am 21. November vorverlegen könne.
Bereits im Vorfeld der jüngsten Kassenforderungen und der augenblicklichen Proteste hatte die KBV gewarnt, die Krankenkassen versuchten auf dem Rücken der Patienten zu sparen. Die KBV fordert für einen seit 2008 angefallenen Inflationsausgleich von 3,5 Milliarden Euro. „Dieser Betrag ist notwendig, allein um die gestiegenen Betriebskosten und die Inflation seit 2008 auszugleichen“, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Köhler unter Verweis auf eine aktuelle Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland.
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