Ärzteschaft

Ärzte empört über SPD-Gesetzentwurf

  • Montag, 7. Februar 2011
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Berlin – Entrüstung hat der Vorschlag der SPD-Fraktion geerntet, Ärzte, die Privatpatienten bevorzugt behandeln, mit Geldbußen und Zulassungsentzug zu bestrafen. „Dieser Vorstoß der SPD trägt planwirtschaftliche Züge einer überbordenden Kontrollwut. Er ist daher klar abzulehnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler. Es sei zudem ersichtlich, dass die SPD das Thema Wartezeiten in populistischer Manier heranziehe, um für ihre Idee einer Einheitsversicherung Stimmung zu machen.

Der Vize-Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte, das SPD-Papier strotze nur so vor „Populismus”. Der Vorschlag, die Kassen per Testanruf kontrollieren zu lassen, ob Privatversicherte schneller einen Termin beim Facharzt bekämen, sei der „reine Rückfall in die alte Misstrauenskultur” der Regierungspartei, die 2009 abgewählt worden sei.

Ein neuer Gesetzesentwurf der SPD sieht Geldbußen von bis zu 25.000 Euro und einen Entzug der Zulassung von bis zu zwei Jahren für Ärzte vor, die Privatpatienten bevorzugen und Kassenpatienten auf Termine warten lassen.

„Wir wollen die Gleichbehandlung der Patienten im Wartezimmer durchsetzen", sagte Gabriel am Montag nach einer Sitzung des SPD-Parteirats. Ihm gehe es dabei allerdings nicht um Strafen für Mediziner sondern darum, „die Strukturbedingungen zu verändern, die zu der Ungleichbehandlung führen“.

Gesundheitspolitik müsse stärker aus der Sicht der Verbraucher definiert werden. Bislang bekommen privat Versicherte häufig schneller Termine bei Fachärzten und müssen weniger lange im Wartezimmer sitzen, weil Ärzte für die Behandlung von Privatpatienten höhere Honorare erhalten.
 

„Zu lange Wartezeiten sind kein grundsätzliches Problem in der ambulanten Versorgung. Es gibt keine Studien, die das belegen“, sagte Köhler. Die von der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag der KBV im vergangenen Jahr durchgeführte Versichertenbefragung mit mehr als 6.000 Beteiligten habe gezeigt, dass nur acht Prozent der Befragten zu lange Wartezeiten beklagten.

Von einem „ernsthaften Kontrollverlust“ beim SPD-Gesundheitsexperten Lauterbach sprach der Hartmannbund (HB)-Vorsitzende Kuno Winn. „Anders ist es für mich nicht zu erklären, dass Herr Lauterbach nun ganz offen für die gesetzliche Verankerung der von ihm bisher stets angeprangerten Zwei-Klassen-Medizin eintritt“, sagte er.

Nicht anders sei jedenfalls sein im SPD-Gesetzentwurf formulierter Vorschlag zu deuten, dass „die Zulassung als Vertragsarzt künftig eine Pflicht zur bevorzugten Behandlung gesetzlich Versicherter“ beinhalten soll. Eine bevorzugte Behandlung von Patienten in Abhängigkeit von ihrer Versicherung sei aber weder berufsrechtlich noch ethisch vertretbar, betonte der HB-Vorsitzende.

„Absurd und abwegig“ ist der SPD-Vorschlag nach Auffassung des NAV-Virchowbundes. „Die SPD plant offenbar ein sozialistisches Gesundheitssystem und die Enteignung der niedergelassenen Ärzte“, kritisiert dessen Vorsitzender Dirk Heinrich.

Scharfe Kritik kam auch vom Medi Verbund Deutschland. „Werden demnächst auch die Deutsche Bahn und die Lufthansa für die unterschiedliche Betreuung von Fahrgästen der ersten und zweiten Klasse mit hohen Strafen belegt?“, kritisierte der Medi-Vorsitzende Werner Baumgärtner.

hil

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