Ärzteschaft

Ärzte in Baden-Württemberg wollen mehr Zeit für Patienten

  • Donnerstag, 18. Oktober 2018
/Tyler Olson, stock.adobe.com
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Stuttgart – Viele angestellte Ärzte in Baden-Württemberg wünschen sich mehr Zeit für ihre Patienten. Zwei Drittel gaben in einer von dimap durchgeführten Umfrage an, sich nicht genügend um die Menschen kümmern zu können, wie das Vorstandsmitglied der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) in Baden-Württemberg, Matthias Fabian, heute in Stuttgart mitteilte. Demnach meinen zudem 9 von 10 angestellten Ärzten, dass die gesundheitliche Versorgung der Patienten besser wäre, wenn sie mehr Zeit für ihre Patienten hätten.

MB-Landeschef Frank Reuther kritisierte, es stünden oft nicht der Patient, sondern wirtschaftliche Erwägungen im Mittelpunkt. Die Gewerkschaft könne bei ihren Mitgliedern mit Tarifsteigerungen nicht punkten, weil die Bezahlung der Ärzte nicht das Problem sei. „Das Problem ist die Work-Life-Balance, das Gefühl, auszubrennen im Krankenhaus, weil man die Versorgungsleistung am Patienten, die man erbringen will, nicht mehr vollständig schafft.“ Die Arbeitgeber hätten noch nicht begriffen, dass man letztendlich nur dann gute Medizin machen könne, wenn ausreichend Zeit vorhanden sei.

Wie Fabian erklärte, gilt zwar grundsätzlich eine Arbeitszeitgrenze von 48 Stunden in der Woche für angestellte Ärzte. „Aber diese Zahlen werden bei weitem überschritten, und niemand kümmert sich darum.“ Nach seiner Darstellung wird systematisch gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen. Um die Situation zu verbessern, fordert der MB unter anderem mehr Studienplätze für angehende Mediziner und systematische Kontrollen der Aufsichtsbehörden, damit Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz erfasst und geahndet werden. Bislang gebe es nur anlassbezogene Überprüfungen nach konkreten Hinweisen, sagte Fabian.

Eine steigende Zahl von Behandlungsfehlern wegen Überlastung sieht der MB aber nicht. Das Problem sei ein anderes. Fabian: „Hier wird eine Art Fließbandmedizin gemacht – nach hohen Standards.“

Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), hielt dem entgegen, die Situation sei besser als vom Marburger Bund dargestellt. Die Zahl der im Krankenhaus beschäftigten Ärzte sei in Baden-Württemberg zwischen 2006 und 2016 um fast 25 Prozent gestiegen – und damit stärker als die Zahl der behandelnden Patienten mit einem Plus von 10 Prozent.

„Das bedeutet: Heute muss ein Arzt rechnerisch weniger Patienten versorgen als vor zehn Jahren.“ Zudem beschäftigten die Krankenhäuser ja gerne noch mehr Ärzte. Sie würden aber durch den Fachkräftemangel ausgebremst. „Derzeit können 400 Arztstellen nicht besetzt werden, weil es keine qualifizierten Bewerber gibt“, sagte Einwag. In der BWKG sind 460 Träger mit 204 Krankenhäusern, 129 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und 617 Pflegeeinrichtungen im Südwesten zusammengeschlossen.

Die dimap-Umfrage lief vom 20. August bis zum 17. September. Es beteiligten sich online 3.320 Ärzte aus Baden-Württemberg. Im Südwesten gibt es 19.000 bis 20.000 angestellte Ärzte, davon sind etwa die Hälfte Mitglied im MB.

dpa

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