Ausland

Ärzte ohne Grenzen drängt auf mehr Schutz in spanischen Pflegeheimen

  • Mittwoch, 19. August 2020
/picture alliance, Swen Pförtner
/picture alliance, Swen Pförtner

Berlin – Spanische Altenheime müssen ihre Bewohner besser vor COVID-19 schützen. In den vergangenen Monaten habe es eine „inakzeptable Vernachlässigung“ alter Menschen gegeben, kritisiert Ärzte ohne Grenzen in einem gestern veröffentlichten Bericht. Bei er­neut steigenden Infektionszahlen sieht die Organisation jetzt dringenden Handlungs­be­darf.

Nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums starben zwischen April und Juni mehr als 27.000 Heimbewohner. Das waren rund 70 Prozent aller COVID-19 assoziierten Todesfälle des Landes. Teams von Ärzte ohne Grenzen hatten im Frühjahr landesweit Pflegeheime unterstützt.

Die Gründe für die hohe Sterberate in vielen Altenheimen sieht die Hilfsorganisation in fehlenden personellen wie finanziellen Ressourcen sowie in mangelnder medizinischer Aufsicht und Notfallplanung. „Diese Kombination hat es unmöglich gemacht, ange­mess­en auf die Pandemie zu reagieren“, sagte Ximena di Lollo, die Landeskoordinatorin für die Unterstützung von Altenheimen in Spanien.

Pflegeheime hätten de facto die Verantwortung übernehmen müssen, für die sie weder vorbereitet, noch ausgerüstet oder geschützt waren, heißt es in dem Bericht. Zuständige Behörden hätten sich auf die Unterstützung der Krankenhäuser fokussiert, und die Heime allein gelassen, lautet die Kritik.

Altenheime hätten oft keine Möglichkeit für zeitnahe Krankenhauseinweisungen und auch keine angemessene Hilfe bei der Primärversorgung gehabt, schreibt die Organi­sati­on weiter. In vielen Fällen seien Bewohner streng isoliert worden, aus Angst vor asymp­tomatischen Fällen.

Krankheitsausfälle unter den Pflegekräften seien vielerorts nicht personell ausgeglichen worden, was den Druck auf die verbleibenden Kollegen weiter gesteigert habe. Auch sei das Personal meist nicht in der Benutzung von Schutzausrüstung geschult worden.

Lediglich eine Anleitung per E-Mail hätten sie erhalten. Psychologische Unterstützung für das Personal sei eine absolute Seltenheit gewesen, heißt es in dem Bericht.

Ärzte ohne Grenzen mahnt deshalb nun die örtlichen Verantwortlichen eindringlich dazu, Notfallpläne zu erstellen. Sie sollten sowohl finanzielle, materielle wie personelle Res­sour­cen bereitstellen, um im Falle eines erneuten Aufflammens von COVID-19-Infekti­ons­fällen die Heimbewohner sowie das Personal besser zu schützen.

„Die entsetzlich hohe Todesrate von Alten in Pflegeheimen während der schlimmsten Monate der Pandemie im Frühjahr darf sich nicht wiederholen“, sagte di Lollo.

jff

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