Ärzteschaft

Ärzte ohne Grenzen: Klimakrise ist auch weltweite Gesundheitskrise

  • Mittwoch, 9. November 2022
/Luis Angel Garcia, stock.adobe.com
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Berlin – Die internationale medizinische Leiterin von Ärzte ohne Grenzen, Maria Guevara, hat dazu aufgerufen, den Klimawandel auch als „echte Gesundheitskrise“ wahrzunehmen. Die Mehrheit der Menschen in den Ent­wicklungsländern des globalen Südens leide bereits jetzt unter den Folgen der Erderhitzung, sagte sie. Wenn darauf nicht unverzüglich reagiert werde, werde die Krise für alle noch schlimmer.

Die Weltgesundheit leidet laut Guevara erheblich unter Klimafolgen wie Überschwemmungen oder Insekten­pla­gen. Man sehe ein exponentielles Wachstum bei Fällen von Krankheiten, die durch Insekten, Wasser oder Lebensmittel übertragen oder verursacht werden.

„Zwischen 2017 und 2021 wurden beispielsweise weniger als 20 größere Choleraausbrüche pro Jahr gemel­det. In diesem Jahr sind es bereits mindestens 29“, sagte sie. Und dazu komme obendrein komme die Coro­napandemie, die die Prioritäten verschoben habe. So hätten viele sonstige Impfprogramme nur langsam oder gar nicht durchgeführt werden können.

Guevara rechnet zudem mit weiteren Pandemien. Das liege daran, dass die Menschheit immer weiter in die Lebensräume der Tiere eindringe. Zugleich suchten sich viele Tierarten wegen der Erderhitzung neue Lebensräume. Krankheiten könnten so leichter auf den Menschen überspringen.

„Rund 75 Prozent der in den vergangenen 30 Jahren aufgetretenen Infektionskrankheiten gehen auf Zoonosen zurück. Wenn der Klimawandel nicht angegangen wird und die Landverödung voranschreitet, werden wir sicherlich weitere Pandemien erleben“, sagte sie.

Mit Blick auf die laufende Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten fordert die Organisation eine rasche Eini­gung auf Schadenersatzzahlungen der Industriestaaten für Klimaschäden in armen Ländern. Hier müsse endlich ein Mechanismus gefunden werden, sagte Guevara.

„Das Problem mit der Konferenz ist, dass sich die Staatengemeinschaft bereits zum 27. Mal trifft, aber weiter bei einigen Fragen nicht vorankommt, etwa wenn es um echte Klimaschutz­maßnahmen und die Frage der Bewältigung des Problems der Verluste und Schäden geht.“

Viele Länder des globalen Südens fordern seit Jahren Zahlungen der entwickelten Staaten für ihre bereits erlittenen Klimaschäden – im UN-Jargon „loss and damage“ („Verluste und Schäden“) genannt. Zu Beginn der Konferenz in Scharm el Scheich hatte auch UN-Generalsekretär António Guterres die Forderungen unterstützt.

Auf der UN-Konferenz beraten seit Sonntag gut 200 Staaten darüber, wie der Kampf gegen die Erderhitzung verstärkt werden kann. Die COP27 dauert zwei Wochen. Die Zeit drängt, denn die vergangenen acht Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Die weltweiten Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase müssen laut Forschern schon bis 2030 um etwa die Hälfte sinken. Anders sei das auf der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 gemeinsam vereinbarte Ziel nicht zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Nach den gegenwärtig vorgelegten Klimaschutzplänen der Staaten würden sie aber sogar weiter steigen.

dpa

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