Politik

Ärzte sollen häufiger HIV-Tests anbieten

  • Freitag, 12. Mai 2017
HIV Test /gamjai AdobeStock.com
Ärzte bieten im entscheidenden Moment zu selten einen HIV-Test an. /gamjai, stock.adobe.com

Berlin – „Kein Aids für alle!“ und das bis 2020, so lautet das Motto der der neuen Kampagne der Deutschen Aids-Hilfe (DAH), die heute startete. Damit unterbietet die DAH das Ziel der Vereinten Nationen, Aids bis ins Jahr 2030 zu beenden. In Deutsch­land sei ein früheres Ende realisierbar, weil die Voraussetzungen besonders gut seien, begründet Holger Wicht, Pressesprecher der DAH bei der heutigen Pressekonferenz in Berlin. Besonders wichtig, sei dabei die Unterstützung von Ärzten.

„Viele Ärzte sind keine HIV-Spezialisten“, sagt Wicht. Da HI-Virus-Infektionen und Aids in den Praxen sehr selten vorkom­men. „Im entscheidenden Moment sind Ärzte daher häufig nicht in der Lage, das Thema anzusprechen, Sexualität zu thematisieren und einen HIV-Test anzu­bieten.“ Das berichten auch zwei Betrof­fe­ne, Regina und Maik. Beide sind an Aids erkrankt und der festen Über­zeu­gung, dass die Krankheit mit einem frühzeitigen HIV-Test vermeidbar gewesen wäre.

Regina und Maik hatten eine Vielzahl an Erkrankungen, die auf eine HIV-Infektion hindeuteten: unter anderem Gürtelrose, Gehirnhautentzündung, chronischen Durchfall und Pilzinfektionen im Mund. „Dennoch ist kein Arzt auf die Idee gekommen, einen HIV-Test anzubieten“, berichtet die 58-jährige Buchhalterin in Rente. Als verheiratete, mono­gam lebende Frau kam ihr selber erst spät der Gedanke an HIV. Und auch der 43-jährige Diplomingeneur Maik berichtet, dass von zwanzig verschiedenen Ärzten, die er aufgrund seiner Erkrankungen konsulitiert hatte, keiner den Anstoß gegegeben hatte, einen Test zu machen. Er selber hatte zwar einen Verdacht, jedoch Angst vor Diskrimi­nierung.

Die DAH-Kampagne arbeitet daher unter anderem an einem Gesprächsleitfaden für Ärzte und einem Software-Diagnosesystem. Dieses solle in die Praxissoftware integiert werden und dem Arzt bei bestimmten Indikationen, wie etwa Gürtelrose und chroni­schem Durchfall, den Hinweis einer möglichen HIV-Infektion geben, berichtet Wicht. Gespräche mit einem Hersteller und Ärzteverbänden laufen. Bereits verfügbar ist das Fortbildungsangebot „Let’s talk about sex“ für Ärzte.

Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) leben in Deutschland rund 12.600 Menschen unwissentlich mit dem HI-Virus. Von 3.900 Menschen, die im Jahr 2015 die Diagnose erhielten, liegt die Ansteckung bei rund 1.200 allerdings viele Jahre zurück – dementsprechend fortgeschritten ist die Erkrankung des Immunsystems. Aufgrund der späten Diagnose laufen sie alle Gefahr, an Aids zu erkranken.

„Das Thema ist längst nicht zu Ende“, sagt daher auch Rita Süssmuth, die als Gesund­heits­ministerin den Beginn der HIV-/Aids-Epidemie erlebt hat und die erfolgreiche Präventionsstrategie in Deutschland auf den Weg brachte. Auch der aktuelle Gesund­heitsminister Hermann Gröhe spricht sich für das Kampagnenziel 2020 aus.

Alle Aktionen, die zum Ziel 2020 beitragen sollen, von Broschüren bis zu Testaktionen in Haftanstalten und Berliner Szenekneipen, sind auf der Kampagnenhomepage aufge­listet.

gie

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