Ärzteschaft

Ärztegenossenschaft fordert Verbesserungen beim Screening auf Gestationsdiabetes

  • Freitag, 30. Juni 2017
/Mediteraneo, stock.adobe.com
/Mediteraneo, stock.adobe.com

München/Köln – Verbesserungen beim Screening auf Gestationsdiabetes mellitus (GDM) fordern die in der ärztlichen Genossenschaft GenoGyn organisierten Frauenärzte. GDM zähle zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft und berge lebensbedrohliche Risiken für Mutter und Kind, warnt die Genossenschaft.

2012 wurde in Deutschlands Mutterschaftsrichtlinien ein Blutzucker-Screening zwischen der 24. und 28. Woche der Schwangerschaft festgeschrieben. „Statt des von den medizinischen Fachgesellschaften empfohlenen ‚75-Gramm-Diagnosetests’ sehen die Richtlinien dafür aber nur den sogenannten ‚50-Gramm-Suchtest’ vor, bei dem mindestens jeder fünfte Fall unerkannt bleibt“, sagte Bernhard Stölzle, Vorsitzender des Aufsichtsrates von GenoGyn. Das sei gerade angesichts aktueller Erkenntnisse zur Häufigkeit des GDM, der akuten Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, aber auch der Langzeitfolgen unzureichend. Die Ärzteorganisation sieht daher dringenden Nachbesserungsbedarf beim GDM-Screening.

Die Fallzahlen in Deutschland steigen laut Ärztegenossenschaft seit 15 Jahren. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft zählte zuletzt 2015 knapp 35.400 Fälle, das entspreche rund 4,9 Prozent aller Schwangeren in dem Jahr. Laut einer Mitte Juni im Deutschen Ärzteblatt erschienenen Studie liegt die Prävalenz mit 13,2 Prozent sogar deutlich höher.

Die gesundheitlichen Auswirkungen sind für Mutter und Kind schwerwiegend: Die Mütter haben ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfekte, für schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck und Präeklampsie, in deren Verlauf lebensbedrohliche Krampfanfälle auftreten können. Auch erhöht sich die Gefahr notwendiger Kaiserschnitt-Geburten und vaginal-operativer Entbindungen. Neben den Folgen vermehrter Geburtskompli­kationen drohen dem Baby laut Ärztegenossenschaft Unterzuckerung nach der Geburt, Gelbsucht und Atemnotsyndrom. Langzeitfolgen kämen hinzu.

Die Frauenärzte der GenoGyn halten das Screening im Rahmen der Mutterschafts­richtlinien zwar für den richtigen Ansatz. Sie kritisieren jedoch, dass der orale Glukosetoleranztest („75 g oGTT“) als Kassenleistung bisher nur dann zum Einsatz kommt, wenn zuvor der einfache „50-Gramm-Suchtest“ auffällige Werte ergeben hat.

„Aus der sogenannten HAPO-Studie wissen wir, dass bei 30 Prozent der Schwangeren mit GDM nur der Nüchternblutzuckerwert erhöht ist. Der wird aber im ‚50-Gramm-Suchtest’ nicht, sondern nur beim ‚75-Gramm-Diagnosetest’ erhoben“, so Stölzle. Mit dem Screening in seiner bestehenden Form werde daher ein großer Anteil von GDM nicht erkannt.

Mit dem Screening hat sich auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zusammen mit dem Berufsverband der Frauenärzte und Diabetes­verbänden befasst. „Beim gesetzlich vorgeschriebenen Blutzuckertest, bei dem es sich um eine international bewährte Standarddiagnostik handelt, trinkt die Schwangere zunächst 200 Milliliter Wasser mit 50 Gramm Traubenzucker, bevor eine Stunde später der Blutzucker im Venenblut gemessen wird“, heißt es in einer Stellungnahme vom März 2017.

Der Test liefere „Hinweise auf die Fähigkeit, eine bestimmte Menge Glukose innerhalb eines Zeitraumes abzubauen“. Sei der Blutzuckerwert höher als 135 mg/dl, so bestehe der Verdacht, dass ein Diabetes vorliegen könnte. „In diesem Fall muss in den folgenden Tagen ein 75-Gramm-Diagnosetest über zwei Stunden im morgendlich nüchternen Zustand angeschlossen werden“, erläutern Fachgesellschaft und Berufsverband das Procedere.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung