Ärztekammer: Zugang zu sauberem Trinkwasser nach Erdbeben gefährdet

Istanbul – Nach den verheerenden Erdbeben ist in der Südosttürkei nach Angaben der örtlichen Ärztekammer der Zugang zu sauberem Trinkwasser gefährdet. Leitungswasser könne womöglich durch Vermischung mit der Kanalisation verseucht sein und sei deswegen zurzeit nicht zu genießen, sagte der Chef der Ärztekammer (TTB) im südtürkischen Adana, Selahattin Mentes. Das Wasser werde zurzeit untersucht.
In manchen Bezirken wie Nurdag in Gaziantep gebe es gar kein Wasser, weil alles zerstört worden sei. „Wir brauchen dringend Zugang zu sauberem Trinkwasser in der Region und müssen Hygiene herstellen. Außerdem muss der Müll entsorgt werden“, sagte er. Andernfalls drohten Infektionskrankheiten wie Cholera.
Adana ist von der Erdbebenkatastrophe nicht so stark betroffen wie die benachbarten Provinzen. Die Ärztekammer hat Mediziner in die stark zerstörten Regionen geschickt und in ihrem Hauptgebäude in Adana ein Lager eingerichtet. Dort stapeln sich Kisten mit Medikamenten, Babywindeln und Binden – zur Lieferung an die Betroffenen.
Auf die Frage, woran es fehle, sagte TTB-Vizechef Ali Ihsan Ökten: „Wir brauchen Chlortabletten, wir brauchen mobile Toiletten, Reinigungsmittel und Impfungen gegen Tetanus und Diphtherie.“ Der Bedarf an Lebensmitteln sei dagegen zurzeit gedeckt.
Die Vereinten Nationen haben ihre Mitgliedstaaten um eine Milliarde Dollar (940 Millionen Euro) Unterstützung gebeten. Dieses Geld solle „5,2 Millionen Menschen helfen und es Hilfsorganisationen ermöglichen, die lebenswichtige Unterstützung für staatlich geführte Hilfsmaßnahmen in einer Reihe von Bereichen, darunter Ernährungssicherheit, Schutz, Bildung, Wasser und Unterkünfte, schnell auszuweiten“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres gestern in New York.
Zuvor hatten die UN um knapp 400 Millionen Dollar Unterstützung für Syrien gebeten. In dem Land sind unterdessen heute erste EU-Hilfen eingetroffen. „Mehrere Flugzeuge aus Rumänien sind bereits in Beirut und Gaziantep angekommen, und die ersten Lieferungen nach Syrien haben bereits stattgefunden“, teilte die EU-Kommission heute mit.
Die Hilfe, darunter vor allem Sachleistungen wie Betten oder Unterkünfte, werde über die beiden Knotenpunkte koordiniert und in den Nordwesten Syriens geschickt, der nicht von der Regierung kontrolliert wird.
Über das EU-Katastrophenschutzverfahren beteiligen sich zwölf EU-Länder an den Hilfen für Syrien. Auch der Türkei wurden der Kommission zufolge von 18 EU-Staaten bereits Millionen von Hilfsgütern zur Verfügung gestellt – darunter Ausrüstungen für Notunterkünfte, Heizungen, medizinische Geräte, Hygieneartikel und Lebensmittel.
Zur Unterstützung der Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson im März eine internationale Geberkonferenz ausrichten.
Am frühen Montagmorgen vor einer Woche hatte ein erstes Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Die Zahl der bestätigten Toten lag gestern in der Türkei und Syrien bei mehr als 42.000, Zehntausende wurden verletzt, Tausende vermisst.
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