Ärzteverbände kritisieren Honorarabschluss scharf
Berlin – Mit dem gestern bekannt gewordenen Honorarabschluss seien die niedergelassenen Kollegen die Verlierer der Coronakrise, kritisierte Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes, die Entscheidung des erweiterten Bewertungsausschusses. Gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurde beschlossen, den Orientierungswert ab 1. Januar nur um 1,25 Prozent anzupassen.
„Während man bei den Kliniken und auch beim Öffentlichen Gesundheitsdienst die angemessenen Konsequenzen aus den Erfahrungen der vergangenen Monate zieht, sind offensichtlich die Krankenkassen aus ihrem Tunnel noch immer nicht heraus“, so Reinhardt.
Die an die Praxen gerichtete immense Erwartungshaltung in der Pandemie, aber auch mit Blick auf Digitalisierung und die Übernahme zusätzlicher Leistungen, solle offensichtlich zum Nulltarif über die Bühne gehen. Dies dokumentiere nicht nur mangelnde Wertschätzung, sondern offenbare auch, dass die Kassen nicht bereit sind, ihren Anteil am notwendigen und auch geforderten Fortschritt zu leisten.
„Wer auf diese Weise Honorarverhandlungen führt, dreht der Feuerwehr auch während des Großbrandes das Wasser ab“, kritisierte auch der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich. Die Kassen würden versuchen, die Kosten für die unsinnigen, politisch gewollten millionenfachen Massentests am falschen Ende wieder einzusparen.
Der erweiterte Bewertungsausschuss habe zwischen der Forderung der KBV (3 Prozent) und dem „Affront der Kassen“ (Nullrunde) weniger als den Mittelwert gewählt. Die damit erfolgte Unterstützung der Kassenstrategie sei „fahrlässig, rückgratlos und gefährlich“. Ein starkes Gesundheitswesen gebe es nicht zum Nulltarif.
Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ), fand ebenfalls deutliche Worte: „Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht jedes niedergelassenen Arztes. Bereits in den letzten Jahren sind unsere Honorare nur minimal gestiegen: während die Bruttolöhne und -gehälter der Menschen in Deutschland im Durchschnitt jährlich um mehr als vier Prozent stiegen, speiste man uns mit Honorarzuwächsen um die 1,5 Prozent ab.“
Mit den nun beschlossenen 1,25 Prozent bleibe selbst ein nachträglicher Inflationsausgleich versagt. Durch die beschlossene „Mini-Erhöhung“ von 1,25 Prozent verliere man real Geld – dies werde man nicht stillschweigend hinnehmen.
„Bisher versorgen die meisten Kolleginnen und Kollegen ihre Patienten medizinisch bestmöglich, mit anderen Worten: oft weit über den Leistungsumfang hinaus, den die gesetzlichen Krankenkassen erstatten.“
Wenn die Kassen nun die ärztliche Sorgfalt dermaßen „fahrlässig und rücksichtslos abwerten“, werde man künftig nur noch „Leistungen nach Vorschrift der Krankenkassen“ erbringen.
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