Alkohol in der Schwangerschaft: Prävention fängt in Schulen an

Berlin – Die Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung (ÄGGF) und die Siemens-Betriebskrankenkasse starten eine Informationskampagne an Schulen, um über Fetale Alkoholspektrum-Störungen (FASD) aufzuklären. Darauf hat heute das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aufmerksam gemacht.
ÄGGF und Siemens BKK planen demnach bis zum 1. Mai 2019 bundesweit rund 500 Informationsveranstaltungen in Schulen – von der vierten bis zur 13. Klasse. Ziel ist es, das Wissen der Schüler über die Risiken durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft zu vertiefen.
Dass es einen Wissenszuwachs gibt, hatte die ÄGGF bereits in einem von 2015 bis 2018 vom BMG geförderten Projekt „Schwanger? Dein Kind trinkt mit! Alkohol? Kein Schluck – Kein Risiko!“ entwickelt und erprobt. Die Projektergebnisse hätten gezeigt, dass Prävention gut in der Schule ansetzen könne, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) heute. Damit schaffe man „einen weiteren Baustein für eine wirksame FASD-Prävention“.
Spahn betonte, Alkohol während der Schwangerschaft könne schwerwiegende Folgen für das ungeborene Kind haben. Die Fetalen Alkoholspektrum-Störungen seien eine der häufigsten bereits bei der Geburt vorliegenden Behinderungen in Deutschland und vollkommen vermeidbar.
„FASD ist unheilbar, die Betroffenen brauchen ein Leben lang Hilfe“, sagte auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler. Ihrer Meinung nach ist es „gut und sinnvoll“, bereits Kindern und Teenagern zu vermitteln, wie dramatisch die Folgen für das Ungeborene seien. „Je früher jeder über die gesundheitlichen Risiken durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft Bescheid weiß, desto besser“, erklärte Mortler.
Die Kinderärztin Andrea Benjamins, die im Sozialpädiatrischen Zentrum Hannover kleine Patienten betreut, mahnt, Schwangere sollten komplett auf Alkohol, Drogen und bestimmte Medikamente verzichten. Der Vorsitzenden des Selbsthilfevereins FASD Deutschland, Gisela Michalowski, zufolge muss die fatale Wirkung von Alkohol in der Schwangerschaft schon im Sexualunterricht in der Grundschule thematisiert werden.
Zudem fordert sie Warnhinweise und Informationstexte auf Flaschen mit Alkoholika. Zwar gebe es bei einigen Herstellern ein kleines Piktogramm, auf dem eine trinkende Schwangere durchgestrichen sei. Das Symbol ohne erklärenden Text sei aber nicht für jeden sofort verständlich, kritisiert die Vereinsvorsitzende.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, hatte FASD 2015 zum Jahresschwerpunkt gemacht, seitdem gab es eine Vielzahl von Kampagnen und Kongressen. Das Wissen über die Risiken durch Alkohol während der Schwangerschaft sei gestiegen, sagt Mortler. Sie werde sich auch in Zukunft für Prävention, Information und die betroffenen Familien stark machen.
Einer Forsa-Studie vom November 2017 zufolge sind 89 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Alkohol während der Schwangerschaft generell problematisch ist. 70 Prozent wissen, dass der Konsum schlimmstenfalls zu lebenslangen schweren Behinderungen beim Kind führen kann. Aber immer noch acht Prozent glauben, dass ab und zu ein Glas Bier, Wein oder Sekt nicht schade.
Schätzungen zufolge kommen in Deutschland jährlich etwa 10.000 Babys mit FASD zur Welt. Man vermutet, dass davon mehr als 1.000 Kinder das Vollbild des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS), eine schwerwiegende geistige und körperliche Behinderung, aufweisen.
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