Ärzteschaft

Allgemeinmediziner befürworten Impfpflicht für Masern nicht

  • Dienstag, 9. April 2019
/dpa
/dpa

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) lehnt eine Impfpflicht für Masern ab, „weil ihr Nutzen unklar und sie womöglich nicht geeignet ist, das Ziel höherer Durchimpfungsraten zu erreichen“. Das schreibt die Fach­gesellschaft in einem Positionspapier zum Thema.

Das Hauptproblem in Deutschland für eine bessere Herdenimmunität sei weniger eine Konversion der bewusst Ungeimpften als vielmehr die Erinnerung derjenigen mit feh­len­der Masern-Zweitimpfung und das Erreichen der jüngeren, unzureichend geimpften Er­wachsenen. Dafür reichten die bestehenden Gesetze und Strukturen aus, sie müssten aber konsequent umgesetzt werden, so die DEGAM.

Bei einer Impfpflicht sei außerdem angesichts der „häufig weltanschaulichen Begründun­gen vieler Ungeimpfter“ mit Widerständen von Impfgegnern zu rechnen. „Hausärzte sind aber auf eine unbelastete vertrauensvolle Beziehung angewiesen, um evidenzbasiert be­raten zu können“, argumentiert die Fachgesellschaft.

Sie stellt jedoch klar, dass es verantwortungslos sei, Kinder nicht gegen Masern impfen zu lassen. „Dies ist unsozial gegenüber Kindern, die aufgrund von Kontraindikationen nicht geimpft werden können“, heißt es in dem Papier. Sie steht Sanktionsmaßnahmen von öffentlichen Einrichtungen aufgeschlossen gegenüber, zum Beispiel von Kitas und Schulen.

Das Problem bei den Durchimpfungsraten junger Erwachsener untermauert die DEGAM mit Zahlen. So gehe das Robert Koch-Institut (RKI) davon aus, dass bei einer mindestens 95-prozentigen Impfrate für die zweite MMR- beziehungsweise MMRV-Impfung (Masern, Mumps, Röteln, gegebenenfals Varizellen) in der Bevölkerung aufgrund des Herdenschut­zes ein epidemischer Infektionsausbruch dauerhaft unterbrochen werden könne, heißt es in dem Papier.

Dieses Ziel einer doppelten Durchimpfung von 95 Prozent sei durch eine steigende Impfbereitschaft bei Kindern in den vergangenen Jahren fast – aber eben nicht ganz – erreicht. Die repräsentative KIGGS-Studie zeige eine 97,4-prozentige Rate bei der Masern-Erstimpfung und 93,6 Prozent bei der Masern-Zweitimpfung.

„Die DEGAM positioniert sich ausdrücklich gegen Aufgeregtheit und Alarmismus in der öffentlichen Diskussion und appelliert an eine transparente Darstellung der Masern-Erkrankungszahlen, die derzeit innerhalb der langjährigen Schwankungsbreite liegen“, so die DEGAM.

Einen ungenügenden Impfschutz hätten dagegen etliche 20- bis 50-jährige Erwachsenen, die etwa die Hälfte der Erkrankten stellten. Die Fachgesellschaft plädiert für eine zwei­malige Masernimpfung aller ab 1970 geborenen Personen ohne medizinische Kontraindi­kationen. Besonders geeignet für Nachholimpfungen sei die hausärztliche Gesundheits­unter­suchung, die zu Anfang April diesen Jahres neu geregelt worden sei.

Jährlich erkrankten in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren zwischen 165 und 2.465 Menschen pro Jahr mit durchschnittlich einem Todesfall pro Jahr. „Die aktuell dis­kutierten etwa 200 Fälle in den ersten zehn Wochen 2019 liegen innerhalb der normalen langjährigen Schwankungsbreite“, hieß es aus der DEGAM.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung