Montgomery regt Impfpflicht für alle RKI-Empfehlungen an

Berlin – Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), hält es für falsch, die Debatte über eine Impfpflicht auf die Masern zu beschränken. „Eine Impfpflicht auf einzelne Krankheiten zu begrenzen, ist schon deshalb problematisch, weil heute in der Regel Mehrfachimpfstoffe verwendet werden und Präparate gegen einzelne Krankheiten gar nicht mehr zur Verfügung stehen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Impfpflicht sollte daher ausgeweitet werden. „Alle Impfungen, die die Ständige Impfkommission heute für Kinder empfiehlt, sollten verpflichtend sein“, forderte Montgomery. Nur wenn jeder geimpft werde, habe man die Chance, diese Krankheiten endlich auszurotten.
Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) empfiehlt für Kinder derzeit unter anderem einen Vierfachimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken sowie einen Sechsfachimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung, Keuchhusten, Haemophilus influenzae Typ b sowie Hepatitis B. Ein einzelner Impfstoff gegen Masern ist dem Bericht zufolge in Deutschland nicht verfügbar und müsste importiert werden.
Montgomery sagte, auch aus medizinischer Sicht spreche alles für eine umfassende Impfpflicht, um die gesamte Bevölkerung dauerhaft vor zum Teil lebensbedrohlichen Krankheiten zu schützen. Nötig seien praxistaugliche Strategien. Infrage komme ein Verbot des Besuchs von Gemeinschaftseinrichtungen wie Kita oder Schule für Kinder, die nicht geimpft seien.
Die Bundesregierung bereitet Vorschläge für eine Impfpflicht vor, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Mai vorlegen will. Er hatte sich grundsätzlich für verpflichtende Masernimpfungen für Kinder in Kitas und Schulen ausgesprochen. Auch die SPD unterstützt das. Masern sind hochansteckend und können in seltenen Fällen auch tödlich verlaufen.
Es gibt aber auch zahlreiche Gegner einer Impfpflicht. So sprachen sich kürzlich etwa die Allgemeinmediziner oder auch der Impfexperte des Robert-Koch-Instituts (RKI), Ole Wichmann, gegen eine Impfpflicht für Masern aus. Bei Masern gebe es vor allem Impflücken bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sagte Wichmann dem Bayerischen Rundfunk. „Die großen Impflücken sind eher in höherem Alter.“
Wichmann forderte Krankenkassen und Ärzte auf, zu den Vorsorgeuntersuchungen für Jugendliche (J-Untersuchungen) gezielt einzuladen. Bevor eine Impfpflicht eingeführt werde, „sollten wir erst einmal versuchen, andere Sachen zu optimieren“.
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