Alte Menschen benötigen nach Unfall ganzheitliche Betreuung

Berlin – Im Augenblick erleiden pro Jahr rund 700.000 hochbetagte Menschen hierzulande einen Bruch des Oberschenkels, der Wirbel oder der Arme. Die Behandlung der Senioren kann sich laut der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) nicht auf die rein unfallchirurgische Versorgung beschränken. „Die hochbetagten Patienten sind häufig gebrechlich, haben kognitive Einschränkungen und leiden an Herz- oder Niereninsuffizienz“, erläuterte Ulrich Liener, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Alterstraumatologie der DGU. Nur ein ganzheitlicher Behandlungsansatz werde dieser komplexen Gesamtsituation der Patienten gerecht.
Ähnlich den Stroke Units für die Schlaganfallbehandlung haben Orthopäden und Unfallchirurgen daher spezielle Zentren etabliert, in denen sie gemeinsam mit Geriatern, Pflegekräften und Physiotherapeuten zusammenarbeiten. Die DGU hat Richtlinien für die optimale Versorgung erarbeitet. Kliniken, die diese Richtlinien erfüllen, können sich als „AltersTraumaZentrum DGU“ zertifizieren lassen.
„Altersbrüche zählen aufgrund des demografischen Wandels mittlerweile zu den häufigsten Ursachen für eine Krankenhauseinweisung und spätere Pflegebedürftigkeit“, hieß es aus der Fachgesellschaft. Menschliches Leid und Immobilität, aber auch hohe Kosten für das Sozialwesen gingen damit einher.
Orthopäden und Unfallchirurgen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Brüche bei hochbetagten Patienten in den kommenden Jahren verdoppeln oder verdreifachen könnte. So habe die Anzahl der Oberschenkelhalsbrüche in den vergangenen 15 Jahren um 20 Prozent zugenommen. Damit ist die Fraktur am Hüftgelenk der häufigste Grund für eine Klinikeinweisung bei über 85-jährigen Frauen. Rund die Hälfte der Patienten sei anschließend hilfsbedürftig oder könne nicht mehr in ihr häusliches Umfeld zurück.
„Internationale Studien an älteren Patienten mit Knochenbrüchen zeigen, dass die Behandlung in einem interdisziplinären und multiprofessionellen Team gemeinsam mit Altersmedizinern im Vergleich zur Standardbehandlung zu wesentlich besseren Ergebnissen führt“, erklärte Florian Gebhard, Kongress-Präsident des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie 2016. Deutlich mehr Patienten gewönnen nach Akutphase und Rehabilitation wieder ihre Selbstständigkeit zurück und könnten weiterhin zu Hause leben, so Gebhard.
Laut Fachgesellschaft sind deutschlandweit in Kürze 50 Alterstraumazentren zertifiziert, weitere 150 haben sich zur Zertifizierung angemeldet. Sie halten ortho-geriatrische Behandlungsteams bereit und verpflichten sich, am AltersTraumaRegister DGU teilzunehmen, einer Datenbank, mit der Orthopäden und Unfallchirurgen qualitätsrelevante Daten zur Versorgung von hochbetagten Patienten sammeln. „Mit den aus dem Register gewonnenen Daten wollen wir die Behandlung verbessern und Antworten auf wissenschaftliche Fragestellungen zur Fehlervermeidung und Patientensicherheit finden“, erläuterte Gebhard.
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