Anhörung: Lob und Kritik für das Präventionsgesetz
Berlin – Bei einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages haben Experten den Entwurf des Präventionsgesetzes mehrheitlich begrüßt, jedoch im Einzelnen Änderungen gefordert. „Der Gesetzentwurf bringt Verbesserung“, sagte Stefan Gräf von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Zu begrüßen sei beispielsweise die Erhöhung der Mittel, die die Krankenkassen für die Prävention bereitstellen sollen. „Wir würden es jedoch noch mehr begrüßen, wenn die Partner der Bundesmantelverträge zur Einführung von Präventionsleistungen durch bundesweit einheitliche Rahmenvorgaben verpflichtet würden“, erklärte Gräf.
In ihrer Stellungnahme schlägt die KBV vor, den Leistungsanspruch auf primäre und tertiäre Prävention zu Pflichtleistungen der Krankenkassen zu machen. In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird hingegen der Richtwert für die Ausgaben der Krankenkassen für Präventionsleistungen auf jährlich sechs Euro je Versichertem verdoppelt.
Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßt in ihrer Stellungnahme die vorgesehene Einführung einer ärztlichen Präventionsempfehlung, die Ärzte künftig im Anschluss an Vorsorgeuntersuchungen ausgestellen können und die von den Krankenkassen berücksichtigt werden soll.
Zudem begrüßt die BÄK, dass die Altersgrenze von 35 Jahren sowie der Zweijahresrhythmus bei den bisherigen Gesundheitsuntersuchungen aufgehoben werden sollen. Künftig sollen dem Gesetzentwurf zufolge Inhalt, Art, Umfang und Häufigkeit der Untersuchungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt werden. Das dürfe aber nicht dazu führen, so die BÄK, dass der bislang bestehende präventive Leistungsanspruch der Versicherten quantitativ und qualitativ ausgedünnt werde.
Auch die vorgesehene Ausweitung der Altersgrenzen für die Kindervorsorgeuntersuchungen vom sechsten auf das zehnte Lebensjahr sieht die BÄK positiv. Sie kritisiert jedoch, dass der GKV-Spitzenverband künftig die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zur Erbringung von Präventionsleistungen in Lebenswelten beauftragen und dafür jährlich 50 Cent pro Versichertem zur Verfügung stellen soll. „Dieses Konstrukt ist rechtlich zweifelhaft, da hier Tätigkeiten einer staatlich finanzierten und dem Ministerium nachgeordneten Behörde über Beitragsgelder der GKV-Versicherten querfinanziert werden sollen“, kritisiert die BÄK.
Ob die BZgA, bei aller Wertschätzung ihrer zum Teil bahnbrechenden Arbeit, in jedem Fall der geeignete Partner sei, um eine sinnvolle und auch auf die Regionen ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit vorzunehmen, müsse mit einem Fragezeichen versehen werden, sagte zudem der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, während der Anhörung.
Uwe Prümel-Philippsen von der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung wies darauf hin, dass zum Beispiel mit den Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancengleichheit oder dem Öffentlichen Gesundheitsdienst bereits funktionierende Strukturen in den Regionen vorhanden seien, die allerdings chronisch unterfinanziert seien. „Hier müssten die Mittel eingesetzt werden“, forderte er.
In dem Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Krankenkassen für Leistungen zur Primärprävention in Lebenswelten, also zum Beispiel in Kindertagesstätten oder Schulen, mindestens einen Euro pro Versichertem und Jahr ausgeben sollen. Wenn man sich die Zahl der Schulen und Altenheime vor Augen führe, sei das nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein, kritisierte Rolf Rosenbrock vom Paritätischen Gesamtverband. Zudem sei der Begriff Lebenswelt nur als Ort definiert und nicht im Hinblick darauf, was dort geschehen solle.
Mit dem Präventionsgesetz will die Koalition auch die Betriebsärzte aufwerten. Sie werden explizit als Partner der Krankenkassen bei Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung genannt. Zudem sollen die Kassen künftig mehr kleine und mittelständische Unternehmen mit Präventionsleistungen erreichen.
„In vielen großen Unternehmen gibt es bereits hervorragende Strukturen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement. Das müssen wir auch für kleine und mittlere Unternehmen herunter brechen“, sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werkärzte, Wolfgang Panter. „Wir können einen originären Beitrag dazu leisten, das Thema in den Köpfen umzusetzen, denn wir erreichen auch Menschen, die keinen Kontakt zu Ärzten haben.“ Wenn Betriebsärzte die Möglichkeit erhielten, zum Beispiel Krebsvorsorgeuntersuchungen anzubieten, könne damit ein wesentlicher Beitrag geleistet werden, um Volkskrankheiten zu verringern.
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