Anorexie/Bulimie: Die meisten Patientinnen erholen sich mit der Zeit

Boston – Anorexie und Bulimie, die häufig im Teenager-Alter beginnen, sind, anders als weithin angenommen, kein lebenslanges Schicksal. Nach einer Langzeituntersuchung im Journal of Clinical Psychiatry (2016; doi: 10.4088/JCP.15m10393) erholen sich die meisten Patientinnen im Erwachsenenalter von ihren Essstörungen.
Essstörungen sind lebensgefährlich. Vor allem Patientinnen mit Anorexia nervosa können an den Folgen der Unterernährung sterben oder durch Suizid aus dem Leben scheiden. Auch bei der Bulimia nervosa ist das Sterberisiko erhöht. In einer Kohorte von 246 Patientinnen, die ein Team um Kamryn Eddy vom Massachusetts General Hospital in Boston seit 1987 begleitet, starben in den ersten neuneinhalb Jahren der Nachbeobachtung 16 Patientinnen (6,5 Prozent). Darunter waren vierzehn Frauen mit Anorexia nervosa. Eddy ermittelte in einer früheren Studie eine um den Faktor 4,4 erhöhte Sterblichkeit. Für die Bulimie war der Zusammenhang nicht eindeutig (Am J Psychiatry 2013; 170: 917-925).
Damals hatten sich 31,4 Prozent der Teilnehmer mit Anorexia nervosa und 68,2 Prozent der Teilnehmer von der Essstörung erholt. Inzwischen sind 22 Jahre seit dem Beginn der Studie vergangen und die Zahl der Frauen, die frei von Symptomen sind, ist vor allem bei der Anorexie deutlich angestiegen: 62,8 Prozent der Patientinnen haben sich von der Essstörung erholt. Bei der Bulimie beträgt der Anteil weiteren 68,2 Prozent. Kriterium für die Erholung war, dass die Patientinnen seit mindestens einem Jahr ohne Symptome waren.
Bislang gingen die Forscher davon aus, dass eine Anorexie nach zehn Jahren Krankheitsdauer unheilbar ist und die weitere Behandlung in erster Linie palliativ sein sollte. Eddy plädiert dafür, die Hoffnung nicht aufzugeben und auch bei Patientinnen mit langjähriger Erkrankung eine Heilung anzustreben.
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