Antibiotika: Obergrenze für Fleischkonsum könnte Resistenzen verhindern

Washington – Würden Menschen weltweit maximal 40 Gramm Fleisch – das entspräche einem Burger – pro Tag essen, würde das den Antibiotikaverbrauch in der Tiermast bereits deutlich senken. Eine Obergrenze für Fleischkonsum kombiniert mit zwei weiteren Maßnahmen könnten bis ins Jahr 2030 den Antibiotikaeinsatz bei Tieren um 80 Prozent reduzieren, berichtet ein internationales Forscherteam. Seine Strategie, die die Wirkung von Antibiotika erhalten soll, stellt es diese Woche in Science vor (2017; doi: 10.1126/science.aao1495).
Masttiere nehmen fast dreimal so viel Antibiotika zu sich wie der Mensch und spielen damit eine entscheidende Rolle bei zunehmenden Resistenzen in der Medizin. Fast 80 Prozent der Antibiotika in den USA finden sich auch im Tierfutter wieder. Hier sollen sie das Wachstum optimieren. Gleichzeitig verantworten sie aber auch einen stetigen Anstieg von Antibiotikaresistenzen.
Drei Interventionen könnten den Antibiotikaeinsatz bei Tieren um bis zu 80 Prozent verringern, wenn alle OECD-Länder und China sich daran halten würden:
Eine Obergrenze für Antibiotika von 50 mg/PCU in der Tiermast, die eine Reduktion um 64 Prozent erzielen könnte. (PCU, population correction unit = Antibiotika verfüttert/kg Fleisch)
Eine Obergrenze für Fleischkonsum auf 40 g/Tag, was einem Burger entspräche, würde den Antibiotikaverbrauch in der Tiermast um 66 Prozent senken. (In den USA lag der Konsum 2015 bei 260 g/Tag.)
Eine Antibiotika-Gebühr von 50 Prozent ausschließlich in der Tiermast könnte den Antibiotikaeinsatz um 31 Prozent reduzieren. Gleichzeitig ergäbe sich ein Umsatz von 1,7 bis 4.6 Milliarden US-Dollar pro Jahr, der für die medizinische Forschung eingesetzt werden könnte.
Wird der globale Verbrauch von Antibiotika in der Tiermast nicht reglementiert, könnte dieser bis ins Jahr 2030 um weitere 53 Prozent steigen, warnt das Autorenteam. Weltweit wurden schon 2013 131.000 Tonnen Antibiotika in der Tiermast zur Fütterung verwendet. Im Jahr 2030 könnten es 200.000 Tonnen sein. „Wir sehen uns bereits mit einer Krise konfrontiert“, sagt Ramanan Laxminarayan von der Princeton University. Das Verwenden von medizinisch wichtigen Antibiotika in der Tiermast sei vergleichbar mit Öl, das man in Feuer kippe.
Hingegen teilt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit, dass sich die in der Tiermedizin abgegebenen Mengen an Antibiotika in Deutschland zwischen 2011 und 2016 mehr als halbiert hätten, von 1.706 auf 742 Tonnen. Im Vergleich zu 2011 – dem ersten Jahr der Erfassung – bleibt jedoch, trotz eines Rückgangs gegenüber 2015, die Menge der abgegebenen Antibiotika aus der Wirkstoffklasse der Fluorchinolone weiterhin erhöht. Diese Antibiotikaklasse sei für die Therapie beim Menschen von besonderer Bedeutung, berichtet das BVL.

Für einige Länder, die derzeit noch wenig Antibiotika einsetzen, prognostizieren Experten der Science-Studie eine Wachstumsexplosion bis in das Jahr 2030: In Uganda könnte sich Antibiotika-haltiges Tierfutter verdoppeln, in Vietnam wird mit einen Anstieg um 215 Prozent gerechnet.
Eine Liste aller Antibiotika, die in den Ländern an Tiere verfüttert werden, findet sich im Supplement der Studie (Table S2). In Deutschland steht Penicillin mit 381 Tonnen im Jahr 2013 an erster Stelle, gefolgt von 341 Tonnen Tetrazyklinen und 157 Tonnen Sulfonamiden. Auch laut dem BVL lag Penicillin im Jahr 2014 mit 450 Tonnen an Platz 1, wurde dann aber bis 2016 auf 279 Tonnen reduziert. Bei den Tetrazyklinen waren es 2016 noch 193 Tonnen.
Im September 2018 kommt eine Expertengruppe der United Nations erneut zusammen, um über die Entwicklungen von Antibiotikaresistenzen zu berichten.
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