Antibiotikaverordnung: US-Ärzte wägen Risiken nicht genug ab

Baltimore – Ärzte wiegen die Vorteile von Antibiotika häufig nicht genug gegen ihre Risiken ab. Diesen Vorwurf erheben Wissenschaftler des John Hopkins Hospital in Baltimore. Sie veröffentlichten die Ergebnisse ihrer entsprechenden Studie in der Fachzeitschrift JAMA Internal Medicine (doi: 10.1001/jamainternmed.2017.1938).
Für ihre Studie werteten die Wissenschaftler 1.488 elektronische Krankenberichte des John Hopkins Hospital aus dem Zeitraum von September 2013 bis Juni 2014 aus. Sie wählten Berichte von Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen, die aber alle für mindestens 24 Stunden Antibiotika erhalten hatten. Die Forscher beobachteten die Patienten weitere 30 Tage ab ihre Entlassung aus dem Krankenhaus, um die Nebenwirkungen zu erfassen. Die Entwicklung einer Clostridium-Difficile-Infektion und von Infektionen mit multiresistenten Erregern prüften sie für 90 Tage.
Die Arbeitsgruppe fand heraus, dass 20 Prozent der Patienten, die mit Antibiotika behandelt worden waren, eine oder mehrere unerwünschte Nebenwirkungen entwickelten. Hauptsächlich handelte es sich hierbei um Magen-Darm, Niere und das Blutbild betreffende unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Das Risiko stieg um drei Prozent je zehn Tage längeren Einsatz des Medikaments.
Die Forscher stellten heraus, das vier Prozent beziehungsweise sechs Prozent der Patienten eine Clostridium-Difficile-Infektion beziehungsweise eine Infektionen mit multiresistenten Erregern entwickelten. Auch musste ein Viertel aller Patienten aufgrund der Nebenwirkungen des Antibiotikums länger im Krankenhaus bleiben.
Die Forscher bemängeln, dass Antibiotika zu häufig auch dann verschrieben würden, wenn es nicht hinreichend Beweise für das Vorliegen einer bakteriellen Infektion gebe.
Abschließend appellieren die Autoren an Ärzte und Patienten, einen bewussteren und kritischeren Umgang mit Antibiotika zu fördern.
Während die Studie bei Ärzten das Bewusstsein für potenziellen Gefahren, die durch Antibiotika für den Patienten entstehen, weiter schärfen sollte, müssten Patienten dazu ermutigt werden, ihrem Arzt mehr kritische Fragen zum Antibiotikum und dessen unerwünschten Nebenwirkungen zu stellen, so die Autoren.
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