Vermischtes

Antifaltencreme für Achtjährige: Ärzte besorgt über „Sephora Kids“

  • Montag, 4. März 2024
/jutaphoto, stock.adobe.com
/jutaphoto, stock.adobe.com

Paris – Kleine Mädchen schwärmen von Feuchtigkeitspflege und flehen ihre Eltern an, ihnen Antifaltencreme zu kaufen. Kosmetikvideos von Kindern erobern Tiktok, Tausende folgen allein in den USA den Grundschüle­rin­nen auf der Plattform.

Der Trend konzentriert sich vor allem auf Produkte der französischen Marke Sephora, weshalb der Trend schon seinen Namen hat: Ärzte warnen vor den gesundheitlichen und psychischen Folgen für die „Sephora Kids“.

In den Clips posieren Acht- bis Zwölfjährige mit straff zurück gebundenem Haar vor dem Spiegel und imitie­ren Schminktutorials, indem sie ihre neuen Kosmetikartikel vorführen. Wie prominente Beauty-Influencerin­nen testen die „Sephora Kids“-Produkte von Luxusmarken, wie zum Beispiel Feuchtigkeitscremes für 76 Dollar (70 Euro).

„Wie können diese kleinen Mädchen so viel für Hautpflege ausgeben?“, kommentiert eine Sephora-Verkäuferin auf Tiktok die Kinderclips. Hautärzte halten nichts von der Anwendung der Cremes und Lotionen auf Kinder­haut. Inhaltsstoffe wie etwa Retinol seien für sie völlig ungeeignet.

Der US-Dermatologe Danilo Del Campo bekommt die Folgen in seiner Praxis zu sehen. „Die Arztbesuche we­gen Hautreaktionen durch den falschen Gebrauch der Produkte haben zugenommen“, sagte er. „Viele der In­flu­encer genießen ein größeres Vertrauen als Ärzte. Und die meisten Eltern sind sich der Risiken nicht bewusst.“

Den Arzt besorgt nicht nur die geschädigte Haut. Manche Mädchen litten auch unter mangelndem Selbst­wert­gefühl. „Sie denken, sie müssten Schönheitsfehler korrigieren, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt“, berich­tete Del Campo von seinen Erfahrungen mit den Kindern.

Auch die Verkäuferinnen in den Sephora-Läden sind nicht glücklich über die neuen jungen Kundinnen. In Vide­os zeigen sie verwüstete Schminktische mit verschütteten Produkten. Das Unternehmen, das zum Luxus­konzern LVMH gehört, reagierte nicht auf Anfragen der Nachrichtenagentur AFP.

Manche Mütter sehen in den Videos ihrer Mädchen ein harmloses Spiel. Der auf Onlineverhalten spezialisierte Psychoanalytiker Michael Stora hingegen beschuldigt die Eltern, mit derartigen Videos ihre Kinder zum Fe­tisch zu machen. Die Mädchen in den Videos „spielen nicht mit Puppen, wie man es in ihrem Alter erwarten würde – sie sind die Puppen“, sagte er.

Solène Delecourt von der Universität im kalifornischen Berkeley kritisiert ihrerseits, dass die Clips „zu einer sehr stereotypen Darstellung von Mädchen und Frauen im Internet beitragen“.

Delecourt forscht zu sozialer Ungleichheit und veröffentlichte im Februar eine Studie in der Fachzeitschrift Nature, wonach Onlinebilder geschlechtsspezifische Vorurteile verstärken, insbesondere gegenüber Frauen.

Umso mehr beunruhigen sie die Videos der „Sephora Kids“. „Es geht hier nicht um Frauen, sondern um kleine Mädchen, die bereits diesem starken sozialen Druck ausgesetzt sind“, sagte Delecourt.

afp

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung