Apps auf Rezept: Noch viele Unsicherheiten bei Ärzten

Berlin – Ärzte und Psychotherapeuten können ab sofort digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verschreiben – das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die ersten Genehmigungsverfahren dazu abgeschlossen.
Dem Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung (SVDGV), dem Hartmannbund und dem Bündnis Junge Ärzte (BJÄ) zufolge fühlen sich viele Ärzte aber schlecht auf die Beratung rund um die Apps vorbereitet.
Die drei Verbände haben daher eine Onlineseminarreihe konzipiert, die über Evidenzen und Datenschutz informiert, die praktische Arbeit mit DiGA zeigt und Fachinformationen und Einblicke in die Prozesse bietet.
„Gemeinsam mit dem Vertreter der App-Hersteller kann es uns gelingen, für ein breites Verständnis von DiGA unter Einbeziehung ärztlicher Expertise zu sorgen und die Gesundheitsversorgung in Deutschland auf ein neues Level zu heben“, sagte Max Tischler, Sprecher des BJÄ und Mitglied des Leitungsgremiums des Ausschusses Assistenzärzte des HB.
Politik und Krankenkassen begrüßen die neuen Möglichkeiten, die die DiGAs bieten. „Wir wollen, dass digitale Innovationen schneller an den Markt und bei den Menschen ankommen“, sagte Christian Klose, im Bundesgesundheitsministerium verantwortlich für Telematikinfrastruktur und E-Health, gestern auf einer Online-Veranstaltung der AOK Nordost. Ziel sei, die Versorgung besser zu machen, betonte er.
Auch die Vorstandsvorsitzende der Kasse, Daniela Teichert, begrüßte die Einführung der Apps auf Rezept. Aber sie verwies darauf, dass die DiGAs keine separate Säule werden dürften, sondern Lücken in der Versorgung füllen und immer in Absprache mit dem Arzt verordnet werden müssten.
Die ersten beiden jetzt auf Rezept verfügbaren Apps sind eine Tinnitustherapie namens „Kalmeda“ sowie eine digitale Unterstützung „Velibra“ für Patienten mit Angststörungen. Weitere solcher Apps befinden sich aktuell im Prüfverfahren und werden nach Abschluss ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen.
„Wirksamkeit, Datenschutz, Verordnung – zum Einsatz von Gesundheits-Apps gibt es noch viele offene Fragen“, sagte Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV). Er begrüßte es, dass die App zu Angststörungen eine randomisiert-kontrollierte Studie vorweisen könne.
Die Tinnitus-DiGA sei jedoch entsprechend dem Fast-Track-Verfahren freigegeben worden und könne nun ohne Nachweis einer Wirksamkeit verordnet werden. Für das BfArM reiche zunächst die Ankündigung einer Studie, die innerhalb eines Jahres mit 150 Probanden durchgeführt werden soll.
„Die Patienten werden damit zu Versuchskaninchen. Gleichzeitig haften wir als Psychotherapeuten für jegliche Nebenwirkungen, die solche Apps verursachen können. Ein Einsatz solcher DiGA in der Therapie ist daher wenig attraktiv. Es gibt noch einen großen Forschungsbedarf“, sagte Hentschel.
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