Vermischtes

Arbeitgeberverband: Streik an Krankenhäusern „unverantwortlich“

  • Freitag, 20. August 2021
/dpa, Christoph Soeder
/dpa, Christoph Soeder

Berlin – Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat die Gewerkschaft Verdi dazu aufgeru­fen, den ab Montag geplanten Streik an den Kliniken von Vivantes und der Charité zu unter­las­sen. Er sei „unverantwortlich“. Verdi dürfe nicht mit Charité und Vivantes über einen Entlastungstarifvertrag verhan­deln. Dafür sei allein der VKA als Spitzenverband der kommunalen Arbeitgeberverbände zustän­dig, be­tonte Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath heute.

Verdi-Verhandlungsführerin Meike Jäger betonte hingegen: „Nach dem Tarifrecht können wir Forde­run­gen aufstellen, auch gegenüber einzelnen Arbeitgebern, wenn die Themen durch den Flächen­tarifvertrag nicht abgedeckt sind.“ Die VKA müsse ihre Mitglieder unterstützen und beraten, wie mit der Situation um­zugehen sei.

Unterstützung für den Streik kam vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK). „Solange politi­sche Entscheidungsträger eine adäquate gesetzliche Personalbemessung verweigern und die Pflege­per­sonalregelung als Übergangslösung vom Bundesgesundheitsminister abgelehnt wird, sind Arbeitskampf­maßnahmen für eine bessere Personalausstattung legitim“, so Markus Lauter, Vorstand im DBfK Nordost.

Verdi hat ab Montag einen dreitätigen Streik in den landeseigenen Krankenhäusern Vivantes und Charité angekündigt. „Wir gehen von mehreren Hundert Streikenden aus“, sagte Timm Graumann, Verdi-Verhand­lungsführer für Notdienstvereinbarungen. Die Versorgung von Notfallpatienten sei aber gesichert. Eine Notdienstvereinbarung mit den Arbeitgebern sei aber noch immer nicht ausgehandelt worden.

Graumann warf Charité und Vivantes eine „massive Blockadehaltung“ vor. Vivantes wiederum spricht von einer „verantwortungslosen Verzögerungstaktik“ bei Verdi. Das Unternehmen habe zuletzt ein Angebot für eine Personalbesetzung während des Streiks angeboten, das in weiten Teilen auf die Forderungen von Verdi eingehe, sagte eine Referentin. Trotz der großen Verhandlungsbereitschaft aufseiten von Vivantes habe Verdi die Gespräche nach 45 Minuten beendet und eine Entscheidung oder weitere Verhandlung um weitere 16 Stunden vertagt.

Der Gewerkschaft geht es um einen Tarifvertrag, der eine Mindestpersonalausstattung für Stationen und Bereiche festlegt. Er soll zudem Regelungen zum Belastungsausgleich enthalten für den Fall, dass diese tarifvertraglichen Vorgaben nicht eingehalten werden. Außerdem wollen Angestellte von Vivantes-Tochterunternehmen den vollen Tariflohn des öffentlichen Dienstes erhalten.

Für Vivantes sind die Forderungen „nicht tragbar“. Angesichts des fehlenden Fachpersonals wären die Vorgaben nur umsetzbar, indem weniger Patienten behandelt werden, argumentiert das Haus. Laut Verdi soll die Umsetzung eines so genannten Entlastungstarifvertrags schrittweise erfolgen.

An anderen Häusern, wie etwa an der Uniklinik Mainz, seien damit bereits gute Erfahrungen gemacht worden. Auch das Argument des Fachkräftemangels lasse Verdi nicht gelten, so Graumann: „Das Problem sind nicht die fehlenden Fachkräfte, sondern die Bedingungen, unter denen die Fachkräfte arbeiten müssen.“

„Wir blockieren nicht, würden gern über Inhalte sprechen“, erklärte ein Charité-Sprecher. Für das Haus komme nur eine individuelle Regelung in Betracht. Der Vorstand der Charité sei auch nicht frei darin, einen Entlastungstarifvertrag abzuschließen.

Das Arbeitsgericht Berlin gab Verdi heute noch per Beschluss (Az. 29 Ga 8464/21) klare Vorgaben mit auf den Weg. Verdi werde es „durch Erlass einer einstweiligen Verfügung verboten, vom 23. bis 25.08.2021 (einschließlich der am 26.08.2021 endenden Nachtschicht) Beschäftigte der Vivantes Netzwerk für Ge­sundheit GmbH sowie weiterer Vivantes-Gesellschaften zum Streik aufzurufen und/oder Streiks durchzu­führen, soweit nicht die Leistung eines Notdienstes nach den Vorstellungen der Arbeitgeberseite ge­währleistet ist“, schreibt das Gericht.

Ein Streik ohne Notdienst könne zu einer Gefahr für Leib und Leben von Patienten führen; er könne da­her nur mit einer Notdienstvereinbarung zur Versorgung der Patienten durchgeführt werden. Dabei ob­liege es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten des Notdienstes festzulegen; es könne nicht der streikenden Gewerkschaft überlassen bleiben, den Personalbedarf ihrerseits einseitig festzulegen.

dpa/may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung