Politik

Arzneimittelgesetz: Industrie und Krankenkassen kritisieren Entwurf

  • Dienstag, 26. Juli 2016

Berlin – Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und die Verbände der Arznei­mittelindustrie sind mit dem Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Arznei­mittelversorgung“ wenig zufrieden – allerdings aus entgegengesetzten Gründen. „Die Re­gelungen des neuen Gesetzes gehen nicht weit genug. Es fehlt insgesamt eine in die Zukunft gerichtete Strategie zum Umgang mit sehr hochpreisigen Arzneimitteln“, kriti­sier­te die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner.

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, die Kosten für neu eingeführte Arzneimittel zu begrenzen und sogenannte Mondpreise im ersten Jahr der Markteinführung zu ver­hin­dern. Übersteigt der Umsatz eines Arzneimittels, dem der Gemeinsame Bundesaus­schuss (G-BA) einen Zusatznutzen bescheinigt hat, im ersten Jahr nach Zulassung den Wert von 250 Millionen Euro, soll rückwirkend ab diesem Zeitpunkt der zwischen Pharma­unternehmen und GKV-Spitzenverband verhandelte Erstattungsbetrag gelten. Bislang sind die Unternehmen im ersten Jahr nach der Markteinführung eines neuen Arznei­mittels in ihrer Preisgestaltung frei.

„Das Vorhaben der Bundesregierung, den Umsatz, den Hersteller mit neuen Medika­men­ten im ersten Jahr der Zulassung machen, zu begrenzen, geht in die richtige Richtung“, sagte Elsner. Allerdings sei der vorgesehene Schwellenwert von 250 Millionen Euro „viel zu hoch angesetzt“, so die vdek-Vorstandsvorsitzende. So sieht es auch die Kauf­männi­sche Krankenkasse KKH. Die vom Gesetzentwurf vorge­sehene Regelung sei „ein äu­ßerst halbherziger Versuch, die Mondpreise der Pharma­in­dustrie zu begrenzen“, sagte der KKH-Vorstandschef Ingo Kailuweit. Er forderte, den ver­handelten Preis grundsätzlich rückwirkend vom ersten Tag an gelten zu lassen.

„Kontra­produktive Signale für den Standort Deutschland“, sieht dagegen der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) in der Umsatzschwelle, die ein erheblicher zusätzlicher Eingriff in einem „ohnehin durchregulierten Markt“ sei. Die im Gesetz geplan­te Verlängerung des sogenannten Preismoratoriums für Arzneimittel bis zum Jahr 2022 greift der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) an.

Zur Erinnerung: Das Preismoratorium ist ein gesetzliches Instrument, damit die Industrie Preissteigerungen bestehender Präparate nicht zulasten der Kranken­kassen und sonsti­gen Kostenträger abrechnen kann. Danach steht den Krankenkassen und sonstigen Kos­tenträgern seit dem 1. August 2010 ein Preisabschlag in der Höhe zu, in der ein Her­steller den Abgabepreis eines Arzneimittels über den Preisstand vom 1. Au­gust 2009 erhöht.

„Das faktische Einfrieren auf dem Preisstand vom 1. August 2009 für einen derart langen Zeitraum wird nicht für eine bessere und schon gar nicht für eine sichere Arzneimittelver­sor­gung sorgen“, hieß es aus dem BPI. Angesichts der in den letzten Jahren historisch guten Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung sei die Verlängerung des Preismoratoriums „nicht akzeptabel“, kritisierte der Vorstandsvorsitzende des BPI, Martin Zentgraf.

hil

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