Arzneimittelstudien an Demenzkranken stehen offenbar auf der Kippe
Berlin – Der Gesetzentwurf zur Ausweitung der Arzneimitteltests an Demenzkranken steht offenbar auf der Kippe. Ihm sei von der Unions-Fraktionsführung signalisiert worden, „dass es Abstriche am Patientenschutz nicht geben wird“, sagte der zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion und frühere Behindertenbeauftragte der Regierung, Hubert Hüppe (CDU), dem Tagesspiegel. Die Unions-Familienpolitiker lehnten das Vorhaben von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ab. An diesem Donnerstag will das Ministerium nach Angaben der Zeitung den Entwurf erneut mit den Berichterstattern beider Fraktionen erörtern.
Kleine Änderungen hätte das Ministerium demnach schon akzeptiert. Allerdings beharre Gröhe weiter darauf, auch Arzneimittelstudien an Nichteinwilligungsfähigen zu ermöglichen, von denen diese selbst keinen Nutzen hätten. Aus Sicht der Kritiker wären solche Studien ein Tabubruch. Bisher sind sie in Deutschland verboten. Gegen Gröhes Vorhaben hatten sich bereits beide großen Kirchen mit einer scharfen Stellungnahme gewandt. Auch in der SPD sind die Pläne umstritten.
Bundestagsvizepräsidentin und Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisierte das Vorhaben als Verletzung der Menschenwürde und nannte es einen gefährlichen Dammbruch. „Menschen mit geistiger Beeinträchtigung dürfen keine Versuchskaninchen für die Pharmaindustrie werden“, sagte die Politikerin der Berliner Zeitung. Schmidt bezeichnete die Voraussetzung einer Patientenverfügung ein reines Feigenblatt. Bei klinischen Studien müssten die Teilnehmer sehr genau über Zweck, Inhalt und Risiken aufgeklärt werden.
„Was Gesundheitsminister Hermann Gröhe plant, ist daher brandgefährlich. Ich kann nur hoffen, dass sich hier die Vernunft durchsetzt und der Bundestag am Ende alles beim Alten lässt“, betonte Schmidt, die zugleich Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe ist.
Nach den Plänen der Regierung sollen künftig auch Versuche an Patienten mit schwerer Demenz möglich sein, von denen diese selber keinen Nutzen haben. Dazu müssen sie vorher bei noch klarem Bewusstsein eine entsprechende Bereitschaft in einer Patientenverfügung unterzeichnet haben. Tritt dann der Fall ein, soll ein Betreuer über die Teilnahme entscheiden.
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