Aufarbeitung von Missbrauch in katholischer Kirche unzureichend
Frankfurt am Main – Der Leiter der Forschergruppe, die im vergangenen Herbst eine wissenschaftliche Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche vorlegt hat, hält die Aufarbeitungsbemühungen der deutschen Bischöfe für unzureichend. „Bei den Bischöfen kann ich bisher keine gemeinsame Strategie erkennen, weitere Forschungsarbeiten in Gang zu setzen“, sagte Harald Dreßing der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Überdies seien Verlautbarungen einzelner Bischöfe zu den Ergebnissen der Studie und den daraus abzuleitenden Konsequenzen höchst unterschiedlich. Eine Priorisierung von Zielen zur Verhinderung von Missbrauch finde nicht statt, bemängelte Dreßing. „Stattdessen gibt es immer wieder neue Gesprächskreise und Workshops.“
Dreßing wies die Ansicht zurück, mit der Studie sei dem Verlangen nach „Aufarbeitung“ Genüge getan. „Unsere Missbrauchsstudie ist keine Aufarbeitung, sondern sollte der Auftakt für weitere Studien sein“, sagte der Leiter des Bereichs Forensische Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim der FAZ.
„Eine überregionale Untersuchung, die von einer interdisziplinär besetzten Kommission durchgeführt wird und in der Betroffene, Wissenschaftler, Vertreter der Kirche und der Zivilgesellschaft vertreten wären, wäre der Schritt, mit dem eine Aufarbeitung beginnen könnte“, regte Dreßing an. Sinnvoll wäre aus seiner Sicht auch eine nationale Dunkelfeldstudie mit einer großen repräsentativen Stichprobe.
Laut der Studie im Auftrag der Bischofskonferenz zum Ausmaß sexuellen Missbrauchs durch Geistliche fanden sich in kirchlichen Personalakten und anderen Dokumenten Hinweise darauf, dass sich in den Jahren 1946 bis 2014 offenbar mindestens 1.670 Kleriker an 3.677 Opfern vergingen.
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