Austauschmöglichkeiten von Arzneimitteln sollen erweitert werden
Berlin – Vor dem Hintergrund der Coronakrise will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter anderem die Austauschmöglichkeiten von Arzneimitteln in Apotheken erweitern. Das geht aus einem Referentenentwurf für eine Verordnung hervor, in der Abweichungen von rechtlichen Vorschriften festgeschrieben werden. Die Verordnung flankiert das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, das am 27. März in Kraft trat.
Um das Infektionsrisiko von Patienten zu senken, soll nach dem Willen des BMG die Zahl der Apotheken- und Arztkontakte verringert werden. Apotheker sollen deshalb künftig in den Fällen, in denen ein verordnetes Arzneimittel in der Apotheke nicht verfügbar oder lieferbar ist, ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben dürfen, auch wenn dieses teurer ist.
Sollte kein wirkstoffgleiches Präparat verfügbar sein, sollen Apotheker nach Rücksprache mit dem Arzt auf ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Medikament ausweichen dürfen. Außerdem soll durch das vorübergehende Aussetzen des Wiederholungsrezepts sichergestellt werden, dass nur so viele Arzneimittelpackungen abgegeben werden, wie für die unmittelbare Versorgung notwendig sind.
Apotheken können ihren Botenservice ausweiten
Um insbesondere chronisch Kranke vor Ansteckung zu schützen, sollen die Apotheken ihren Botenservice ausweiten dürfen und dafür zusätzlich bezahlt werden. Darüber hinaus sollen die Apotheken durch einen einmaligen Betrag in Höhe von je 250 Euro bei der Anschaffung von Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel für die Apothekenboten unterstützt werden.
Der Verordnungsentwurf beziffert die Mehrausgaben für die gesetzliche und private Krankenversicherung sowie die Beihilfe bei Bund, Ländern und Gemeinden mit insgesamt 70 Millionen Euro.
Auch im Rahmen des Entlassmanagements der Krankenhäuser werden die Vorschriften für die Verordnung von Arzneimitteln gelockert. Demnach dürfen Krankenhausärzte bei der Entlassung von Patienten nicht mehr nur die kleinstmöglichen Arzneimittelpackungsgrößen verordnen, sondern auch größere, die dem therapeutischen Bedarf der Patienten entsprechen. Verbandmittel, Teststreifen und andere Medizinprodukte können demnach künftig für einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen verordnet werden.
Das BMG geht in dem Verordnungsentwurf davon aus, dass mit der Zunahme an COVID-19-Fällen der Bedarf an Beatmungskapazitäten auf den Intensivstationen der Krankenhäuser und damit auch der Bedarf an Betäubungsmitteln zur Analogsedierung steigt. Krankenhausapotheken soll deshalb vorübergehend erlaubt werden, sich gegenseitig mit Betäubungsmitteln auszuhelfen, um die medizinische Versorgung zu sichern.
Rezepte für Substitutionstherapie für sieben Tage
Um Kontakte möglichst zu reduzieren und Versorgungsengpässe zu vermeiden, sollen zudem die Möglichkeiten der Substitutionstherapie Opiatabhängiger erweitert werden. So sollen künftig auch Ärzte ohne suchtmedizinische Qualifikation mehr als zehn Patienten länger als vier aufeinanderfolgende Wochen versorgen können.
Darüber hinaus werden die Verschreibungszeiträume für Substitutionspräparate von zwei auf sieben Tage verlängert. Das setze allerdings eine sorgfältige ärztliche Entscheidungsfindung voraus, heißt es im Verordnungsentwurf. Dasselbe gelte für die Substitutionsverschreibungen, die künftig auch per Post oder Boten möglich sein sollen.
Schließlich sieht der Verordnungsentwurf vor, dass das BMG im Pandemiefall im Benehmen mit dem Bundeswirtschaftsministerium für bestimmte Produkte des medizinischen Bedarfs Verkaufsverbote anordnen oder Preise festsetzen kann.
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