Ärzteschaft

AWMF fordert nachhaltige, unabhängige Finanzierung hochwertiger Leitlinien

  • Freitag, 7. September 2018
/asawinklabma, stockadobecom
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Düsseldorf – Für hochwertige interdisziplinäre, evidenzbasierte Leitlinien ist eine nachhaltige, unabhängige Finanzierung erforderlich. Das hat gestern die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) gefordert und gleich eine Geldquelle dafür ausgemacht. Aus Sicht der AWMF ist der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) „die geeignete Struktur, um eine solche Förderung sinnvoll und effizient umzusetzen“.

Der Innovationsfonds ist seit der Einführung mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes immer wieder Ziel für finanzielle Wünsche. Damit daraus Mittel für die Leitlinienfinanzierung fließen können, müsste es allerdings eine Gesetzesänderung geben. Der Gesetzgeber hat derzeit geregelt, dass daraus neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen, und Versorgungsforschungsprojekte, die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet sind, zu fördern sind. Übergeordnetes Ziel ist eine qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.

Die AWMF, die seit mehr als 20 Jahren unabhängige wissenschaftliche Leitlinien erstellt, verwies bei ihrem Wunsch nach finanzieller Unterstützung auf die aufwendige und kostenintensive Entwicklung von Leitlinien. „Je höher deren methodische Qualität, umso höher werden auch die Aufwände, die Leitlinien zu erstellen und aktuell zu halten“, erinnert die AWMF. Gleichwohl sei dies unverzichtbar, seien die Leitlinien doch die wesentliche Wissensgrundlage im deutschen Gesundheitssystem.

„Sie sind die Basis für medizinische Entscheidungen zum Wohle des Patienten sowie Grundlage für die medizinische Fortbildung und Qualitätssicherung. Außerdem unterstützen sie die Versorgungsforschung und helfen, unbearbeitete Forschungsfelder zu identifizieren“, so die AWMF.

Im Augenblick bewältigen die Fachgesellschaften die Finanzierung der meisten Leitlinien allein. Mitglieder der Leitlinien-Gruppen arbeiten ehrenamtlich. Kosten entstehen laut der AWMF aber für Literaturrecherchen und Evidenzbewertungen, die Nutzung von Datenbanken, Treffen der Leitliniengruppe und öffentliche Konsultationsverfahren.

„Fachgesellschaften stoßen bei den stetig steigenden Qualitätsanforderungen und dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der notwendig ist, um mit dem aktuellen medizinischen Wissensstand Schritt zu halten, an ihre Grenzen“, warnte AWMF-Präsident Rolf Kreienberg. Um künftig die hohe Qualität zu halten und noch mehr Leitlinien der Klasse S3 zu entwickeln, sei eine unabhängige Finanzierung nötig, ergänzte Ina Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi).

Nur so ließen sich die internationalen Qualitätsstandards einschließlich redaktioneller Unabhängigkeit bewahren. Durch eine solche Finanzierung ließen sich auch offene Themen oder neue Herausforderungen angehen. So wäre es beispielsweise wichtig, den Bürgern mehr Leitlinien in einer verständlichen Sprache zugänglich zu machen.

Außerdem müssten die Bedürfnisse spezieller Bevölkerungsgruppen wie die von Kindern, alten Menschen oder Patienten mit mehreren Erkrankungen besser in Leitlinien abgebildet werden. Um Leitlinien noch unmittelbarer in den Versorgungsalltag zu integrieren, wäre zudem deren Digitalisierung notwendig.

„Alle in unserem Gesundheitssystem verlassen sich darauf, dass es qualitätsgesicherte, hochwertige Leitlinien gibt, die kontinuierlich weiterentwickelt und aktuell gehalten werden“, erinnerte Kreienberg. „Dann ist es auch notwendig, dass Gelder des Gemeinwesens in deren Entwicklung fließen“, so der AWMF-Präsident.

hil/may

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