Politik

Baden-Württemberg: Ermittlungen gegen Sozialminister Lucha

  • Donnerstag, 16. April 2020
/picture alliance, Marijan Murat
Manne Lucha (Grüne) /picture alliance, Marijan Murat

Stuttgart − Sozialminister Manne Lucha (Grüne) gerät in der Affäre um Fördermittel für den Kabarettisten Christoph Sonntag weiter unter Druck. Gegen den Grünen-Politiker wird nun wegen des Verdachts der Vorteilsannahme ermittelt, wie ein Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft heute mitteilte.

Hintergrund sind zwei Abendessen Luchas mit Sonntag, die der Kabarettist bezahlt hat. Gegen den Kabarettisten selber wurde ein Verfahren wegen Verdachts der Vorteils­gewäh­rung eingeleitet. Die oppositionelle FDP forderte eine lückenlose Aufklärung des Sach­verhalts.

Eine Sprecherin Luchas sagte, laufende Ermittlungen kommentiere man nicht. „Minister Lucha kooperiert selbstverständlich vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft. Der Minister konzentriert sich voll und ganz auf seine Arbeit als Krisenmanager und arbeitet sieben Tage die Woche Tag und Nacht dafür, dass unser Land die großen Herausforderungen der Corona-Krise meistert.“

Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sagte der Badischen Zeitung, „wie immer nehmen wir zu laufenden Verfahren keine Stellung“. Er hatte im Februar erklärt, er sehe in Luchas Verhalten keinen Skandal. Auf die Frage, ob diese Äußerung voreilig gewesen sei, antwortete Kretschmann der Zeitung: „So hat sich das für mich dargestellt“.

Die Staatsanwaltschaft habe die Landtagspräsidentin über das Ermittlungsverfahren in­formiert, sagte der Behördensprecher. Dafür müsse Luchas Immunität als Landtagsabge­ord­neter nicht aufgehoben werden. Es werde nun geprüft, inwieweit die Abendessen in Verbindung mit der möglichen Verlängerung eines vom Sozialministerium geförderten Demokratieprojektes standen, sagte der Sprecher.

Beide Essen liegen zwischen Dezember 2018 und Februar 2019. Sie zahlte Sonntag. Lu­cha hatte eingeräumt, das sei ein großer Fehler gewesen. Die Treffen seien privater Natur gewesen. Einmal war auch Luchas Sohn dabei. Beide Treffen fielen in einen Zeitraum, in dem sich Sonntag um eine Verlängerung des Jugendprojekts des gemeinnützigen Unter­nehmens „Stiphtung Christoph Sonntag“ bemühte. Es trug den Titel „A-B-C-D-E-Mokratie neu buchstabiert“. Es sollte benachteiligten jungen Leuten Demokratie erlebbar machen. Das Land hatte das Projekt mit 180.000 Euro gefördert.

Kumpaneivorwürfe hatte Lucha wiederholt zurückgewiesen. Das Sozialministerium hatte die Landeszentrale für politische Bildung ins Boot geholt, um Sonntags Projekt zu beglei­ten. Sie hatte nach einer Prüfung erklärt, die Beträge seien korrekt abgerechnet worden. Hier hatte die Staatsanwaltschaft den Kabarettisten entlastet und das Prüfverfahren ein­gestellt.

FDP, SPD und AfD halten das Projekt für zu teuer. SPD und Liberale drohten in der Ver­gan­genheit mit einem Untersuchungsausschuss. FDP-Fraktionsvize Jochen Haußmann sagte: „Das Verhalten von Minister Lucha war für einen Minister inakzeptabel. Ein Minis­ter darf sich nicht zwei Mal zum Essen einladen lassen, während er zugleich über eine Projektverlängerung für Herrn Sonntag in sechsstelliger Höhe entscheidet.“

Erschwerend komme hinzu, dass dies Minister Lucha schon beim ersten Mal bewusst ge­we­sen sei. „Dass vor diesem Hintergrund die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt gründ­lich prüft, ist eigentlich zwingend. Für endgültige Schlussfolgerungen ist es noch zu früh. Auch für Minister Lucha und Sonntag gilt die Unschuldsvermutung“, sagte Haußmann.

Auch gegen Sonntags Noch-Ehefrau wird ermittelt. Sie hatte ihm vorgeworfen, die För­der­mittel für das Projekt veruntreut zu haben. „Es besteht der Anfangsverdacht, dass die Beschuldigte sich durch Drohung mit Veröffentlichung von Umständen, die rufschädigend sein könnten, einer versuchten Erpressung strafbar gemacht haben könnte“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gestern. Elisabeth Sonntag wies die Vorwürfe als unzu­treffend zurück.

dpa

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